Der Playboy am Snooker-Tisch spielt mit seinen Rivalen

26.8.2011, 08:31 Uhr
Der Playboy am Snooker-Tisch spielt mit seinen Rivalen

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Für Titelverteidiger ist der Erfolgsdruck normalerweise groß, wollen sie es doch erneut besonders gut machen. Das gilt auch für Judd Trump, den gerade erst 22 Jahre alt gewordenen Engländer, im Vorjahr völlig überraschend, aber ebenso verdient, die Nummer eins beim PHC.

Vorschusslorbeeren sind angesichts der hochkarätigen Konkurrenz nicht angebracht, mit einem guten Gefühl wird er am Freitag dennoch um 9.30 Uhr zu seinem ersten Spiel an den Tisch in der Stadthalle gehen – und das nicht, weil „nur“ ein Qualifikant sein Gegner und er damit Favorit ist.

Vielmehr dürfte ihn die Erinnerung positiv stimmen, denn sein 4:3 über Landsmann Anthony Hamilton vor gerade einmal zwölf Monaten war sein erster Triumph bei einem Profi-Turnier und löste so etwas wie eine Initialzündung aus. Dass Trump zu talentiertesten der „jungen Wilden“ zählt, die den Etablierten der Szene jederzeit die Schau stehlen können, war längst bekannt. Sein Quantensprung in der Weltrangliste, vor einem Jahr in Fürth noch deutlich über Rang 30 notiert, jetzt auf Rang zehn vorgerückt, war daher kein Zufall. „Eigentlich spiele ich vor so vielen Zuschauern nicht so gut“, übte er sich damals noch in Understatement, als er den Siegerscheck über 10000 Euro und 2000 Punkte für die Weltrangliste kassierte. Diese hemmenden Gefühle scheint er schnell abgelegt zu haben.

Erst gewann er heuer mit den China Open sein erstes Weltranglistenturnier, danach „spazierte“ er gegen prominente Konkurrenz ins Finale der Weltmeisterschaft, wo er seine beeindruckenden Leistungen trotz der 15:18-Niederlage gegen John Higgins, heute übrigens ebenso wie Ronnie O’Sullivan in der Stadthalle am Start, bestätigte. Die Zuschauerzahlen, der Beifall und natürlich die Sieger-Schecks waren deutlich größer, vom Lob ganz zu schweigen für sein aggressives, mutiges Angriffsspiel.

WM-Finalgegner Higgins räumte ein, Trump habe „eigentlich besser gespielt“, O’Sullivan fand dessen Auftritte gar „so etwas wie beängstigend“. Dass er kürzlich das zweite von bisher drei EPC-Turnieren in England gewonnen hat, ist daher kaum mehr als eine Fußnote – unterstreicht aber seine Form und sein Selbstvertrauen.

Für ihn selbst brachte das Frühjahr 2011 „den großen Durchbruch nach einem langen Lernprozess“. Außer Zweifel stand für ihn schon vorher seine Entscheidung für Snooker und gegen Golf. Nicht leicht zu treffen, beherrschte er doch in seiner Jugend ebenso wie sein Bruder, der inzwischen als Profi auf den „Greens“ unterwegs ist, auch den kleineren Golfball sehr gut. Inzwischen ist er so etwas wie ein neuer Hoffnungsträger im Snooker, nicht wenige sehen in ihm sogar so etwas wie den Nachfolger O’Sullivans.

Neben dem Tisch jedoch ist er der freundliche junge Mann, aufgeschlossen und für Spaß zu haben. Oder kann sich von O’Sullivan jemand den Satz vorstellen: „Der Playboy des Snooker zu sein, da hätte ich nichts dagegen.“ Er stammt von Trump in einem Interview mit einer englischen Boulevard-Zeitung, der jedoch seine Konzentration vorrangig darauf richtet, noch für viele Jahre einer der bekanntesten Playboys am Snooker-Tisch zu sein. Alle Voraussetzungen dazu bringt er mit – und vielleicht kann er das ab heute in Fürth wieder beweisen.

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