Der Versandhandel war ihre Welt

23.10.2011, 13:00 Uhr
Der Versandhandel war ihre Welt

© Roland Fengler

Für Grete Schickedanz, die „First Lady der deutschen Wirtschaft“, wie sie Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker einmal tituliert hat, wäre es ein trauriger Geburtstag geworden. Ihre Lebenswerk und das ihres früh verstorbenen Mannes gibt es nicht mehr. Das Versandhaus Quelle ist längst untergegangen im Strudel der Arcandor-Insolvenz.

Geblieben aber ist bis heute die Anerkennung und Hochachtung, die sie als Mensch und als Unternehmerin schon zu Lebzeiten erfahren hat. Viel Respekt klang mit, wenn die Mitarbeiter die „Seele der Quelle“ mit „gnädige Frau“ ansprachen.

Dabei war Grete Schickedanz nie eine bequeme Chefin, was mancher selbst in den Führungsetagen des Konzerns zu spüren bekommen hatte. Oft war sie schon einen Schritt weiter, wenn ihre Manager noch nach Lösungsmöglichkeiten suchten, entschied mit dem Herzen, wo andere erst lange abwägten.

Geboren wurde sie als Grete Lachner 1911 in Fürth. Ihr Berufsweg begann 1927 in der Großhandlung ihres späteren Mannes Gustav, aus der im gleichen Jahr das Versandgeschäft „Quelle“ hervorging. An seiner Seite entwickelte sie sich vom kleinen Lehrmädchen aus keineswegs betuchten Verhältnissen zur persönlich haftenden Gesellschafterin der 1975 neu gegründeten Gustav und Grete Schickedanz Holding KG. Entscheidend für ihren weiteren Lebensweg war wohl das Jahr 1977, als Firmengründer Gustav Schickedanz starb. Das einstige Lehrmädchen entschied sich dafür, das Lebenswerk ihres Mannes gemeinsam mit ihren Schwiegersöhnen fortzusetzen, es zu ihrem eigenen zu machen - „aus Verpflichtung meinem Mann gegenüber“, wie sie nicht müde wurde, immer wieder zu betonen.



Und diese Verpflichtung ließ sie nicht ruhen, trieb sie noch im vorgerückten Alter rund um den Globus, um persönlich die Stoffe für die Quelle-Mode auszusuchen, und hielt sie bis zu 14 Stunden täglich am Schreibtisch fest.

1987 hatte sie sich aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen. Doch noch bis kurz vor ihrem Tod am 23. Juli 1994 behielt sie in verschiedenen Gremien die Aufsicht und wohl auch die Führung über ein Handels- und Industrie-Imperium mit damals noch rund 50000 Mitarbeitern.

Der Name Schickedanz war in Fürth stets auch mit hohem sozialem Engagement für die Mitarbeiter und für ihre Geburtsstadt verbunden. Eine große Zahl von Auszeichnungen, Ehrenbürgerschaften und -titeln würdigen den hohen finanziellen und ideellen Einsatz von Grete Schickedanz unter anderem für Schulen, Kindertagesstätten, Altenheime und Sportvereine.

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