Der Windkraft droht im Landkreis Fürth das Aus

10.1.2020, 14:00 Uhr
Der Windkraft droht im Landkreis Fürth das Aus

© Heinz Wraneschitz

Gerade Windkraftwerke tragen inzwischen viel zu Deutschlands Stromerzeugung bei, aktuell liegt der Anteil bei 21 Prozent. Auch jene 22 Rotoren, die seither im Landkreis Fürth errichtet wurden, unterfüttern diesen Beitrag.

„20 plus Inbetriebnahmejahr“: So lange wird die Produktion des Stroms aus natürlichen Ressourcen durch Zuschüsse gefördert, steht im EEG. Und die Verbraucher bezahlen dies mit der so genannten EEG-Umlage. 20 Jahre scheinen eigentlich eine lange Zeit – insbesondere angesichts der wenigen Monate, die sich die Koalition damals für die Einführung des Gesetzes Zeit gelassen hat. Nun sind die ersten 20 EEG-Jahre fast vorbei. Aber bis heute wissen die einstigen Windpioniere nicht: Wie kann ich meine Anlagen wirtschaftlich tragfähig weiter betreiben?

„Wir haben zwei Optionen. Die wahrscheinlichste ist momentan der Abbau.“ Wolfgang Siebert wirkt sehr betrübt, wenn er daran denkt, was nach dem 31. Dezember 2021 mit dem Bürgerwindrad Vogtsreichenbach, dem ersten Windrad im Landkreis Fürth, wohl geschehen wird. Vier Jahre hatten seine und 167 weitere Familien einst auf den 1. Dezember 2001 hingearbeitet. Dann floss der erste Windstrom von der Anlage mit 70 Metern Nabenhöhe und 48-Meter-Rotoren, einem echten Gemeinschaftsprojekt also, ins öffentliche Stromnetz.

Auch wenn die Erträge der Maschine Typ DeWind-D4 oft deutlich unter den prognostizierten 750.000 Kilowattstunden (kWh) jährlich lagen: Die beteiligten Familien konnten sich „seither faktisch selbst versorgen“.

"Wir können nicht drauflegen"

Die zweite Alternative für Siebert wäre ein Weiterbetrieb ohne EEG-Förderung. Das Problem: Die Vergütung, die ihm Ökostrom-Vermarkter bisher dafür angeboten haben, sei nicht kostendeckend: „Drauflegen können wir auch nicht.“

Das dienstälteste Windrad im Kreis auf der Anhöhe zwischen Vinzenzenbronn und Vogtsreichenbach wirkt im Gegensatz zu später entstandenen Kraftwerken fast zwergenhaft. Und selbst diese – zum Beispiel die 198 Meter hohen Bürgerwindenergie-Anlagen rund um Wilhermsdorf – sind längst nicht mehr das Höchste, was der Markt zurzeit zu bieten hat.

Doch laut Erich Wust ist die dort vorhandene Windgeschwindigkeit von 5,5 Meter pro Sekunde „bereits vollkommen ausreichend für einen wirtschaftlichen Betrieb“; das weiß der Windprojektentwickler aus Markt Erlbach aus der Erfahrung der zurückliegenden Jahre. Deshalb hätten beispielsweise die 2008 bei Unterulsenbach errichteten Windräder auch nach 20 Jahren EEG-Zeit eine Zukunft. Doch für die 600-kW-Maschine bei Vogtsreichenbach kann Wust sich das nur schwer vorstellen.

Und was ist mit Repowering, also der Errichtung eines neuen Windrads anstelle des alten? Wolfgang Siebert winkt ab. „Da braucht man eine neue Genehmigung. Und es ist wahrscheinlich aussichtslos, weil wir zu nahe an den Ortschaften Vinzenzenbronn und Vogtsreichenbach sind. Bei der aktuell geltenden 10H-Regelung müsste man 2000 Meter Abstand halten.“


Spielräume sind vom Tisch


Die Regel 10H gilt seit November 2014 für den Freistaat. Seither dürfen nur dann noch Windräder näher als deren zehnfache Gesamthöhe an Siedlungen gebaut werden, wenn die betroffenen Standort-Kommunen das ausdrücklich wollen. Doch welcher Stadt- oder Gemeinderat verscherzt es sich schon gerne mit den Nachbarn?

Und selbst diese Spielräume sind neuerdings vom Tisch. Vor wenigen Wochen hat der Bund im Rahmen des so genannten „Klimapakets“ sogar eine bundesweit geltende 1000-Meter-Abstandsregel eingeführt. Das Bürgerwindrad Vogtsreichenbach hat damit praktisch keine Chance mehr. Die SPD hat jetzt ein „Bürgergeld“ ins Spiel gebracht. Finanzielle Anreize sollen Anwohner potenzieller Windräder dazu bringen, die „Landschaftsveränderung“ vor ihren Fenstern wohlwollender zu betrachten.

"Ich lache mich kaputt"

„Das ist nicht der Weg“, sagt Raimund Kamm, der bayerische Landesvertreter des Bundesverbands Erneuerbare Energie BEE. Er empfiehlt stattdessen, „den Leuten, aber auch den Kommunen, ein faires Beteiligungsangebot am Windrad zu machen. Dann können sie damit Geld verdienen und zum Beispiel den Kindergarten unterstützen“. Das wäre für Kamm „ein wirkliches Bürgergeld“.

Erich Wust wiederum schlägt vor, „über die Postleitzahl die von Wind-, Solar- oder Biokraftwerken betroffenen Bürger vom Stromnetzentgelt zu entlasten. Das wäre Gerechtigkeit nach dem Solidarprinzip“ und böte die Chance auf mehr Windräder.

Ansonsten sieht Wust schwarz für die Energiewende. Und Windpionier Wolfgang Siebert setzt noch eins drauf: „Ich lache mich langsam kaputt über die Bundesregierung“, sagt er. Denn: „Man kann doch alte Anlagen nur dann abschalten, wenn genug erneuerbarer Strom da ist. Aber die neue 1000-Meter-Regelung macht eine Energiewende unmöglich.“ Hinzu kommt, dass es Biogas- oder Solarstromanlagen nicht anders ergehen dürfte als Windrädern.

 

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