Digitale Revolution im Stadtrat

27.11.2013, 09:00 Uhr
Digitale Revolution im Stadtrat

© Edgar Pfrogner

Es gibt Berührungsängste, aber dafür, sagt Uwe Bauer, habe er Verständnis. Wer es gewohnt ist, mit Papier zu hantieren, wer sich bislang von Smartphone, Tablet-PC und Co. ferngehalten hat, für den werde das neue System „schon eine massive Umstellung“.

Bauer ist im Fürther Rathaus für Sitzungsdienst und Stadtratsangelegenheiten zuständig, also auch dafür, dass die Stadträte ihre Unterlagen erhalten, um sich vorbereiten zu können. Bislang werden die Tagesordnungspunkte mit dem notwendigen Hintergrundmaterial ausgedruckt und per Post zugestellt. Je nach Thema – Bauer erinnert sich an die Debatte um den Neubau von Möbel Höffner – erwächst sich das zu einem gewaltigen Papierberg. Nicht nur Bauer hält das für eine „Verschwendung von Ressourcen“.

Schon seit gut einem Jahr können sich Stadträte ihre Unterlagen elektronisch abholen, müssen sie dann aber zuhause ausdrucken. Anders ist das mit der neuen App „Mandatos“ der Firma Living Data. Apps sind Anwendungen für Smartphones und Tablet-Computer wie das iPad. Die Mandatos-App erlaubt es nicht nur, die Unterlagen auf dem iPad zu empfangen. Sie ermöglicht dem Nutzer auch, in den Vorlagen Textstellen zu markieren, hervorzuheben und zu kommentieren. Mit Suchbegriffen, schwärmt Bauer, könne man ganz einfach zwischen einzelnen Tagesordnungspunkten hin- und herspringen. Lästiges Blättern im Papierberg entfällt.

Es sei an der Zeit, das System umzustellen, findet Bauer. Als perfekten Zeitpunkt hat er den Wechsel nach der nächsten Stadtratswahl im März ausgemacht. In der jüngsten Stadtratssitzung zeigten sich nicht alle Politiker überzeugt. Nicht nur Papier, auch Tablets kosten Geld, befand etwa Linke-Vertreter Ulrich Schönweiß, und warb für die herkömmliche Variante. Harald Riedel von den Grünen plädierte zwar für die Umstellung, kritisierte aber den „ambitionierten Zeitplan“. Er forderte eine Zeit der Doppelnutzung von Papier und iPad. Der parteilose Siegfried Tiefel glaubte, dass „mehr Kollegen von einer effektiven Mitarbeit ausgeschlossen sein werden, als sie es zugeben würden“. W-Lan habe auch nicht jeder. Andere wollten wissen, ob die Sitzung scheitern werde, wenn Geräte ausfallen.

Den CSUler Tobias Wagner erinnerte die Debatte an das Jahr 1835 und an Zeitgenossen, die sich vor der Eisenbahn ängstigten, die zwischen Fürth und Nürnberg verkehren sollte. Für den einen oder den anderen Kollegen, so Wagner, werde es anfangs schwer, „aber bald wird es allen in Fleisch und Blut übergegangen sein“. Am Ende stimmten nur vier Stadträte gegen die Umstellung.

Uwe Bauer ist zufrieden. Nach seinen Berechnungen werden sich die Anschaffungskosten für die iPads und die Ausgaben für Druck und Zustellung der Unterlagen am Ende die Waage halten. Rund 500 Euro kostet ein iPad der neuen Generation, Tablets anderer Hersteller kommen nicht infrage, weil die Mandatos-App nur auf dem Apple-Betriebssystem läuft. Bauer rät den Stadträten dringend, die Unterlagen nicht auszudrucken, sondern auf das Gerät zu vertrauen. Sollte tatsächlich mal ein einzelnes streiken, gebe es Ersatz. W-Lan müssten sich die Stadträte aber schon daheim einrichten, auf eigene Kosten.

Im Januar beginnt laut Bauer die Testphase. 15 Stadträte, Referenten und der Bürgermeister erhalten die ersten iPads und auf digitalem Weg ihre Unterlagen für die Sitzung am 29. Januar. Für sie und alle anderen wird es Schulungsmaterial und eine Einführung in den Umgang mit dem iPad und der App geben. Natürlich auch für die Stadträte, die am 16. März neu in das Gremium gewählt werden. Die Umstellung soll bei der konstituierenden Sitzung des neuen Stadtrats am 7. Mai abgeschlossen sein. Geschenkt bekommen die Stadträte die iPads übrigens nicht. Sie verbleiben im Eigentum der Kommune.

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