Eichenprozessionsspinner: Fürth verzichtet auf die Chemiekeule

15.11.2020, 19:30 Uhr
Eichenprozessionsspinner: Fürth verzichtet auf die Chemiekeule

© Foto: Patrick Pleul/dpa

Rund 3000 Eichenbäume stehen auf städtischen Grundstücken. Entsprechend verbreitet sind damit auch die Raupen des Eichenprozessionsspinners, deren Haare bei Menschen heftige allergische Reaktionen auslösen können. Doch anders als viele andere bayerische Kommunen setzt Fürth keine Giftstoffe gegen die Schädlinge ein. Dafür gab es nun Lob vom Bund Naturschutz (BN).

"Hier wird der Wille der Bürger konkret umgesetzt", erklärt der BN-
Landesbeauftragte Martin Geilhufe und spielt damit auf das Ergebnis des Volksbegehrens "Rettet die Bienen" an. Hunderttausende Unterzeichner hatten sich damals unter anderem für den Schutz der Artenvielfalt und gegen den Einsatz von Pestiziden ausgesprochen. In Fürth verzichten die städtischen Baumpfleger und die damit beauftragten Firmen schon lange darauf.

"Dort, wo es notwendig ist, bekämpfen wir den Eichenprozessionsspinner mechanisch", berichtet Oberbürgermeister Thomas Jung beim Vor-Ort-Termin im Fürther Zentrum. Alleine in diesem Jahr waren seinen Aussagen zu Folge gut 300 Bäume in der Stadt betroffen. Kein Argument sind für ihn dabei die Kosten: "Auch wenn wir Biozide einsetzen würden, müssten wir die Nester zusätzlich noch mechanisch entfernen. Das würde letztlich teurer kommen."

Wie anstrengend und aufwendig diese Arbeiten sind, kann der städtische Baumpfleger Detlef Post erzählen: "Unsere Mitarbeiter müssen manchmal mehrfach mit Hebebühnen an die Nester heran, um sie entfernen und die Reste abbrennen zu können.

Dabei tragen sie Schutzanzüge, die sie hinterher penibel entsorgen, weil sonst die feinen Härchen in den Fahrzeugen herumfliegen würden." Und weil die Eingriffe in der Regel im Sommer notwendig sind, könne sich jeder vorstellen, welch körperliche Anstrengung damit verbunden ist. "Jeder, der das leistet, verdient meine Hochachtung", sagt Post.

Viele Kommunen setzen auf Gift

Doch nicht alle Städte und Gemeinden verhalten sich aus der Sicht des BN so vorbildlich. Laut einer Landtagsanfrage der Grünen an das bayerische Umweltministerium haben mindestens 219 Kommunen Gift gegen den Eichenprozessionsspinner gespritzt.

"Die chemische Keule ist zwar mittlerweile nicht mehr zugelassen, aber auch mit biologischen Giften werden viele Tiere gefährdeter Arten zusammen mit dem Spinner getötet", kritisiert die grüne Landtagsabgeordnete Tessa Ganserer. Im Großraum verfuhren so in diesem Jahr beispielsweise Erlangen und Oberasbach.

Tiere finden weniger Nahrung

Giftfrei machten es neben Fürth dem Ministerium zufolge 182 andere Kommunen. An ihnen mögen sich möglichst alle Verantwortlichen in Bayern ein Beispiel nehmen, appelliert der BN. Denn zehntausende gespritzte Bäume in den Städten bedeuten auch, dass insektenfressende Vögel und Fledermäuse dort immer weniger Nahrung finden.

Außerdem seien es gerade alte Eichen – wie etwa jenes Exemplar an der Hornschuchpromenade, an dem die Naturschützer auf ihr Anliegen aufmerksam machten – die einer Vielzahl von Arten einen Lebensraum bieten. Mehr als 2000, wie etwa der Braune und der Blaue Eichen-Zipfelfalter oder Hirschkäfer, werden dort nachgewiesen.

Dass sich der Eichenprozessionsspinner seit gut zehn Jahren immer mehr ausbreitet, erklärt der BN-Landesbeauftragte Geilhufe nicht zuletzt mit dem Klimawandel: Weil die Sommer wärmer werden und die Frostphasen im Winter kürzer, könne sich der Schädling leichter vermehren.

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