Ein Fall für zwei

8.5.2014, 15:00 Uhr
Ein Fall für zwei

© Hans-Joachim Winckler

Stereophonisch markige Ansage: Von einer „anspruchsvollen Aufgabe für Leute mit Stehvermögen“ spricht Martin Schramm, Stadtarchivar und Leiter der städtischen Museen. Leicht gemacht habe es sich die Stadt nicht, aus 69 Bewerbern um den Posten des Leiters und 106 Vize-Kandidaten ein Duo herauszupicken, das nicht nur fachlich zusammenpasst. Die „enge Personaldecke“, so Kulturreferentin Elisabeth Reichert, erfordere auch zwischenmenschliches Feingefühl — das bekanntlich nicht in sämtlichen 21 Jahren seit dem Start des Rundfunkmuseums im Chefbüro waltete.

Nach Gründungsleiter Gerd Walther, der das Haus in der Kurgartenstraße im vorigen Sommer kurz vor dem Ruhestand unfreiwillig verlassen musste und der sich mit Stadt und Förderverein über konzeptionelle und finanzielle Fragen gründlich überwarf, stemmen nun Danny Könnicke, Historiker und Politikwissenschaftler, sowie Jana Stadlbauer, Historikerin und Kulturwissenschaftlerin, die Herkulesaufgabe, Deutschlands größtes Rundfunkmuseum mit Mini-Etat und Mini-Mannschaft — viereinhalb Planstellen, dazu 400-Euro-Kräfte und Ehrenamtliche — auf Kurs zu halten. Oder zu bringen, je nach Sichtweise.

„Das Haus begibt sich nun auf einen neuen Weg, und ich freue mich, dass ich jetzt meine Ideen einbringen darf“, sagt Stadlbauer, die dem Museum seit ihrem Praktikum 2008 verbunden ist. „Die Stimmung ist so, dass jetzt erwartet wird, dass wir etwas anpacken.“ Während des Studiums war die Fürtherin, die in der Südstadt aufwuchs, als 400-Euro-Kraft in der Museumspädagogik tätig. In Eichstätt und Bamberg hat sie studiert und nach einigen weiteren Museums-Praktika 2013 ihren Master mit Top-Noten gemacht. Dozentin für Kulturwissenschaften in Bamberg ist die leidenschaftliche Freizeit-Standardtänzerin nach wie vor, der Fürther Vertrag läuft auf 30-Stunden-Basis. Einen höchstpersönlichen Draht zu Max Grundig, in dessen Direktionsgebäude das Museum seit 2001 residiert, hat Stadlbauer obendrein; schon die Uroma wickelte „beim Grundig“ Trafos zusammen, die Großmutter war im Elektronikkonzern Fremdsprachenkorrespondentin.

Seine Potsdamer Sprachfärbung ist unverkennbar, nach Klartext klingt’s ebenfalls: „Wir sind nicht zum Verwalten geholt worden, sondern zum Verändern“, sagt Danny („das war in der DDR kein ungewöhnlicher Vorname“) Könnicke über die neue Aufgabe in Fürth. „Ich hoffe, dass es uns gelingt, dem Museum eine wissenschaftliche, fachliche Basis zu geben, die für die nächsten 50 Jahre Bestand hat.“

„Bin knappe Kassen gewohnt“

Für Fürth legt Könnicke, der in Halle studiert hat, den Posten des Geschäftsführers des Vereins „Erlebniswelt Museen“ in Sangerhausen nieder, den er vor dreieinhalb Jahren gleichsam im Ein-Mann-Betrieb aufbaute — der Verbund von acht Museen ist ein Modellprojekt des Landes Sachsen-Anhalt zur Förderung von Museen im ländlichen Bereich und bescherte Könnicke den Ruf eines zupackenden Machers, der mit bescheidenen monetären Mitteln und einer gesunden Dosis Selbstironie viel zu erreichen vermag. „Die finanzielle Ausstattung durch die Stadt Fürth ist, wie sie ist“, sagt Könnicke. „Natürlich hoffen wir, dass der eine oder andere Wunsch hier auch mal erfüllt wird, aber ich komme aus Mansfeld-Südharz, dem wirtschaftlich schwächsten Landkreis der Bundesrepublik, ich bin knappe Kassen gewohnt.“ Dennoch gelte es, das Thema Geld nicht überzubewerten. „Ein Museum ist mehr als der reine Einsatz von Geld. Mehr Millionen machen ein Haus nicht unbedingt besser.“

In den kommenden Monaten sei es wichtig, mit der längst fälligen Inventarisierung der Sammlung des Rundfunkmuseums zu beginnen, eine Grundstruktur für eine neue Dauerausstellung zu schaffen sowie die Museumspädagogik zu überarbeiten. „Wir müssen uns“, so Könnicke, „um moderne Vermittlungsformen kümmern und an dem einen oder anderen Punkt neu anfangen.“ Das Haus müsse sich verstärkt positionieren als Haus der Forschung und als Anlaufstelle für wissenschaftliche Anfragen.

Bis zur Wende lebte Könnicke, in dessen Sangerhausener Küche noch immer eine DDR-Stereoanlage („als Ausstellungsobjekt ist sie zu gewöhnlich“) treue Dienste verrichtet, in Potsdam. „Sechs Sender und zwei Fernbedienungen“ hatte der 6000MarkFernseher der Eltern, „die eine Fernbedienung war mein Bruder, die andere war ich“. Klingelte es an der Haustür, galt die Devise: umschalten, aber flott. Mit Westfernsehen erwischt werden? Besser nicht.

„Ich bin eher ein visueller Typ“, sagt Könnicke, gefragt, ob er unterm Schlagwort „Rundfunk“ das Fernsehen oder das Radio persönlich favorisiere. Auch Stadlbauer votiert fürs Fernsehen, „ich bin aufgewachsen mit den Kinderserien der neunziger Jahre“. Doch nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Zukunft des Rundfunks müsse man ins Visier nehmen, sagt der Chef. „Das Haus ist ein einzigartiger Mix aus Technik, Geschichte und gesellschaftlicher Relevanz. Wir müssen uns fragen, wie der Rundfunk den Menschen verändert. Und es warten neue Herausforderungen wie etwa das digitale Radio.“

Eine erste Gelegenheit, dem neuen Leitungsduo persönlich zu begegnen, könnte es am 18. Mai geben. Zum Internationalen Museumstag wird das Haus in der Uferstadt zwischen 12 und 17 Uhr offen sein und ein üppiges Programm servieren, Motto: „Sammeln verbindet.“

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