Ein Jahr Fürther Markt: Stoßgebete und Erfolgserlebnisse

8.6.2020, 06:00 Uhr
Ein Jahr Fürther Markt: Stoßgebete und Erfolgserlebnisse

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Herr Müller, der Wochenmarkt hat sich gut entwickelt. Wie viele Kerzen haben Sie deswegen schon angezündet — denn Sie hatten ja selbst manche Zweifel am Gelingen und haben zeitweise Blut und Wasser geschwitzt . . .?

Also, Kerzen habe ich gar keine angezündet, ich bin ja auch nicht katholisch. Aber natürlich habe ich oft Stoßgebete gen Himmel geschickt, dass der Markt überhaupt realisiert werden kann. Es war schon ein sehr, sehr steiniger Weg, der mir, zugegeben, auch einige schlaflose Nächte bereitet hat. Niemand konnte ja eine Erfolgsgarantie geben, und Skeptiker haben immer bekrittelt, dass der Markt in den weniger schönen Jahreszeiten nicht funktionieren würde.

 

Das tut er offenbar ja doch. Sind inzwischen also alle Ihre Bedenken verschwunden?

Nein, alle sind nie verschwunden . . .

 

Welche denn nicht?

Grundsätzlich bin ich wirklich hochzufrieden, meine Erwartungen wurden übertroffen, aber schauen Sie sich zum Beispiel die Corona-Krise an. In den ersten beiden Wochen war es auch auf dem Wochenmarkt zappenduster.

 

Dabei musste die Corona-Pandemie dem Markt doch eigentlich in die Karten spielen. Unter freiem Himmel einkaufen zu können, das war urplötzlich ein entscheidender Vorteil . . .

Absolut. Gerade die Obst- und Gemüsehändler habe ich nach einigen Wochen noch nie so glücklich gesehen – was mich außerordentlich freut und was ich mir auch so erhofft hatte. Bei den anderen hat es ein bisschen länger gedauert, aber mittlerweile hat sich fast alles normalisiert auf dem Markt.

 

Stichwort Normalzustand: Wie haben Sie die Stimmung bei den Händlern im Regelbetrieb, also noch vor Corona, wahrgenommen?

Die Erwartungen der Händler sind entgegen den Befürchtungen sogar in der kalten Jahreszeit übertroffen worden, entsprechend positiv war die Stimmung. Das ist ein Indikator für den Erfolg. Der andere ist die Zahl der Bewerber, die auf den Fürther Markt wollen. Und von denen haben wir, ohne jede Werbung, nur durch Mundpropaganda, derzeit 25. Das ist, finde ich, schon ganz schön viel.

 

Ein Jahr Fürther Markt: Stoßgebete und Erfolgserlebnisse

© Foto: Thomas Scherer

Alle Händler in den festen Ständen sind ja bis dato auch bei der Stange geblieben, das war nicht unbedingt zu erwarten. Bleibt das weiterhin so?

Tatsächlich gibt ein Standbetreiber im September auf, der Greuther Teeladen. Das kommt aber nicht ganz unerwartet, so ein Teeladen ist nicht gerade typisch für einen Markt. Das hat nicht so funktioniert, wie man sich das zuvor vorgestellt hat.

 

Und was folgt nach?

Bei 25 Bewerbern sind wir in der Luxussituation, dass wir es uns aussuchen können. Eine Umfrage im Herbst hat ergeben, dass sich viele einen festen Fischhändler oder einen Käsehändler wünschen, die haben wir allerdings inzwischen an den mobilen Ständen. Dann gibt es Bewerber mit verschiedensten Spezialitäten, die wir noch gar nicht hier haben, das geht quer durch den Gemüsegarten. Was überhaupt nicht in Frage kommt, ist jede Art von Kette, die sortieren wir gleich aus.

 

Es gab ja vor dem Start auch heftige Kritik am Standort und am Konzept. Bekommen Sie die immer noch manchmal zu hören?

Nee, ich höre eigentlich gar nichts mehr an Kritik, noch nicht einmal in den sozialen Medien. Auch im Stadtrat gab es zuletzt, als es um Aspekte der Finanzierung ging, null Komma null Diskussionen. Übrigens bin ich persönlich überzeugt davon, dass der Markt auf dem Bahnhofplatz, wo ihn die Skeptiker haben wollten, nie im Leben hätte überleben können.

 

Apropos Finanzierung: Ein Punkt der Kritik waren die Kosten, die sich ja tatsächlich stark erhöht haben. Aus der anfangs mal veranschlagten Summe von unter einer Million Euro sind inzwischen mehrere Millionen geworden . . .

Die Kostenmehrung ist nicht zu leugnen, aber den größten Anteil daran haben der Straßenbau und Ausgaben für notwendig gewordene Fettabscheider im Boden, die wir nicht auf der Rechnung hatten – nicht die Ausgaben für die Buden selbst. Aber ich habe gesagt: Wenn man diesen Markt will, muss man sich das auch so viel kosten lassen.

 

Wie sieht es mit der Refinanzierung für die Stadt aus? Ist damit denn realistischerweise überhaupt zu rechnen?

Nein, ich habe aber immer ehrlich gesagt, dass wir die Investitionskosten nie refinanziert bekommen. Da müssten wir ja Standgebühren nehmen, bei denen wir wahrscheinlich gar keinen Bewerber mehr herkriegen. Immer angestrebt war aber die schwarze Null im laufenden Betrieb, die wir jetzt wegen der anfänglichen Folgen der Corona-Krise wahrscheinlich in diesem Jahr nicht erreichen werden. Aber für mich ist es die Kosten wert, weil der Markt extrem wichtig für die Belebung der Innenstadt ist, er hat ihr mehr Flair und Aufenthaltsqualität gegeben. Und die Nachfragen aus dem ganzen Bundesgebiet zeigen mir, dass wir mit unserem Konzept wohl nicht alles falsch gemacht haben.

 

Auch von einem Sponsoring der Fürther Wirtschaft für den Markt war vor dem Start des Projekts die Rede. Wie sieht es damit aus?

Die Zusagen über rund 300 000 Euro von Fürther Firmen gibt es nach wie vor. Ich weiß natürlich nicht, ob in Corona-Zeiten noch alle dazu stehen, aber ich gehe davon aus . . .

 

Viele haben den Markt ja rasch mit Freude für sich entdeckt – und schon bald darauf gedrängt, ihn zu Kirchweihzeiten nicht mehr abzubauen. Ein unerwartetes Dilemma, das für neue Diskussionen sorgte . . .

Ja, aber dieses Dilemma nehme ich gern dafür in Kauf, dass die sonst so skeptischen Fürther den Markt so schnell ins Herz geschlossen haben. Dass dann schnell die Forderung kam, ihn nicht abzubauen, war eigentlich eine logische Folge. Aber wir haben das seriös überprüft, alle Varianten einer Integration in die Kirchweih machen keinen Sinn. Man würde damit weder der Kirchweih noch dem Markt einen Gefallen tun.

 

So hat es auch der Stadtrat gesehen. Ist die Integration in die Kärwa damit wirklich ein für alle Mal vom Tisch?

Na ja, ein für alle Mal, das klingt immer so unumstößlich. Aber auf absehbare Zeit ist sie schon vom Tisch.

 

Gibt es noch Erweiterungsmöglichkeiten für den Markt, wenn er denn schon so erfolgreich ist?

Die Adenaueranlage verbietet sich ja von selbst . . .

 

Ist das wirklich so, und jetzt wirklich ein für alle Mal – Naturschützer sind da nach wie vor ein bisschen misstrauisch . . . ?

Das gilt ein für alle Mal, in dem Fall traue ich mich, das zu sagen. Das Thema ist durch.

 

Gibt es andere Erweiterungsmöglichkeiten?

Eventuell am Paradiesbrunnen, wo wir ja seit kurzem ein paar Schaustellerbuden stehen haben, aber da gehen höchstens mobile Marktstände. Und dann haben wir ja noch den hinteren Teil der Freiheit, der als Eventfläche für den Wochenmarkt vorgesehen war. Da wollten wir ab und zu Themenmärkte als Ergänzung anbieten. Aber auch das hat Corona vorerst pulverisiert.

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