Ein „Julius-Hirsch-Sportzentrum“ in Fürth?

14.2.2014, 21:00 Uhr
Ein „Julius-Hirsch-Sportzentrum“ in Fürth?

© Horst Linke

Als am Freitag im Ronhof die Partie zwischen der SpVgg Greuther Fürth und dem Karlsruher SC angepfiffen wurde, dachten manche Fürther Fans vielleicht an jenen längst verstorbenen Karlsruher, der mit ihrem Verein und diesem historischen Ort untrennbar verbunden ist.

Denn: Zur Eröffnung der einst größten Sportstätte im Deutschen Reich kam es hier zum Kräftemessen zwischen der früheren SpVgg Fürth und dem Deutschen Meister, dem Karlsruher FV. Als Stürmer im Gästeteam trat im September 1910 „Juller“ Hirsch im Ronhof an.

Ein kleiner und schneller Spieler, typisch für ihn, heißt es bei Wikipedia, waren seine gebückte Laufhaltung und sein starker linker Schuss. Ein Könner am Ball, der zum Nationalspieler avancierte und 1912 an den Olympischen Spielen teilnahm. 1913 wechselte dieses Talent zur SpVgg. Und die wurde mit ihm im Mai 1914 in Magdeburg Deutscher Meister.

Dann kam der Erste Weltkrieg, Hirsch riskierte sein Leben in diversen Fronteinsätzen. Im Rang eines Vizefeldwebels wurde er schließlich mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. Nach dem Krieg kehrte er zurück zum Kleeblatt, für das er bis 1920 auflief. Dann wechselte wer wieder zum Karlsruher FV. Nach Hitlers Machtergreifung erging es Hirsch wie vielen Tausend seiner Glaubensbrüder und -schwestern in Nazi-Deutschland: Sie wurden ausgegrenzt, entrechtet, ermordet.

Biograf Werner Skrentny berichtet, dass der einstige Nationalheld, der sich zum Schutz seiner evangelischen Frau und seiner zwei Kinder sogar hatte scheiden lassen, am 1. März 1943 von Karlsruhe über Stuttgart, Trier, Düsseldorf und Dortmund ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert wurde, wo er mit 1500 Menschen ankam. Das Eingangsbuch des KZ listete am 2. März aber nur die Namen von 150 Personen aus diesem Transport auf, Hirschs Name war nicht darunter. Sein letztes Lebenszeichen war eine Postkarte mit Dortmunder Stempel zum 15. Geburtstag seiner Tochter Esther. Julius Hirsch hatte es irgendwie noch geschafft, den Gruß auf den Weg zu bringen. Obwohl sich seine Spur dann verliert, besteht für den Biografen „kein Zweifel“, dass Hirsch wie viele andere direkt nach der Ankunft in Auschwitz von den Nazis ermordet wurde. Zu diesem Schluss, so Skrentny, seien 1950 auch jene Richter gekommen, die Hirsch zum 8. Mai 1945 für tot erklärten.

Seit einiger Zeit wird dem Opfer des nationalsozialistischen Unrechtsregimes späte Ehre zuteil. Beispielsweise hat der Deutsche Fußball-Bund Julius Hirsch 2005 einen Preis gewidmet. Ausgezeichnet werden regelmäßig Personen, Initiativen und Vereine, die sich für die Unverletzbarkeit der Würde des Menschen und gegen Antisemitismus und Rassismus einsetzen.

Ein „Julius-Hirsch-Sportzentrum“ in Fürth?

© Archiv SpVgg Greuther Fürth

Kleeblattfan Thomas Kraus (50) hat Skrentnys Hirsch-Biografie vor kurzem gelesen und war zutiefst erschüttert. Er konnte nicht fassen, dass ein Mensch, der das Selbstbewusstein der SpVgg „maßgeblich“ gestärkt hat, wegen seines Glaubens „durch den Wahnsinn ab 1933“ systematisch zugrunde gerichtet wurde. Hundert Jahre nach dem ersten Meistertitel, fanden er und seine Freunde, sei es an der Zeit, Hirsch auch in Fürth ein Denkmal zu setzen. Rasch war die Idee geboren, die Dreifachturnhalle nach der Fußballlegende zu benennen. An der Stelle stimme alles, meint Kraus und verweist auf benachbarte Rasenplätze, die nach Ertl Erhard und Charly Mai benannt sind, jenen legendären Fürther Nationalspielern, die 1954 beim „Wunder von Bern“ dabei waren, als Deutschland erstmals Fußballweltmeister wurde.

Weil sie wissen wollten, ob ihre Idee auf breite Zustimmung stößt, haben Kraus und seine Mitstreiter Anfang Februar begonnen, Unterstützer-Unterschriften zu sammeln. Zwei Wochen später haben sie 500 Namen beisammen. Die Unterschriftenlisten liegen weiter aus, etwa im Rejoice-Shop, Gustavstraße 6, bei Stern Imbiss, Königstraße 77, oder im Jüdischen Museum Franken.

Museumsleiterin Daniela Eisenstein begrüßt die Initiative zu Ehren Hirschs. Sie hat Oberbürgermeister Thomas Jung angeboten, dass ihr Haus eine Info-Tafel gestalten würde. Zuspruch für ein Julius-Hirsch-Sportzentrum gibt es aber auch von der SpVgg, wie Präsidiumsmitglied Jürgen Schmidt betont, und von Hirschs Angehörigen. Die Familie hat laut Kraus „zurückhaltend, aber freudig-bewegt“ auf die Nachricht reagiert, dass in Fürth vielleicht bald „an den Großvater“ erinnert wird. Am 26.Februar entscheide der Stadtrat in dieser Sache, sagt Sportbürgermeister Markus Braun. Wie die Abstimmung ausfällt, bleibt abzuwarten. Braun zumindest steht hinter Kraus’ Initiative: „Bei mir rennt er offene Türen ein.“

Keine Kommentare