Ein Kunstdialog mit der Umgebung

30.8.2007, 00:00 Uhr
Ein Kunstdialog mit der Umgebung

© Hans-Joachim Winckler

Wer die Kirche St. Peter und Paul besucht, kommt vor der Tür an bronzenen Füßen vorbei, die auf einer kleinen Säule ruhen. Sie sehen aus, als hätten sie schon immer hier gestanden. Und so bemerkt man das neue Kunstwerk von Hubertus Hess erst auf den zweiten Blick. Fremde kämen nie darauf, dass es Teil einer temporären Schau ist.

Uraltes Symbol

Ebenso im Inneren des Gotteshauses: Der «Lebensbaum» von Hess, der oben ein Kreuz aufweist und unten eine formvollendete natürliche Kugel aus Zweigen, könnte ein uraltes Symbol für die himmlische Seele und die irdischen Wurzeln des Menschen sein. Rita Kriege hat in der Kirche ein historisches Ornament entdeckt, eine kreisförmige Verzierung, die sie mit einem Projektor in strahlender Faseroptik ins Heute überträgt.

Günter Paules «Schwarze Sonne» kündet von Helligkeit und Dunkelheit, Glanz und Elend, sorgt aber vor allem im Dämmerlicht der Kirche für unglaubliche Lichteffekte. Da muss einem die Auferstehung einfallen. Uschi Distler veranschaulicht mit ihren «Totenbetten» ganz konkret verschiedene Beerdigungsriten. Angelika Summas «Lichtkegel» aus Messingstäben weist nach oben, dorthin, wohin auch die Religion deutet. Katja Wunderling hat aus Samenblatthülsen der Pflanze Lunaria einen lichtdurchlässigen, wunderschönen Vorhang gefertigt - Transparenz in Reinform.

Zarte Geflechte

Gegenüber in der Pfarrscheune herrscht Zurückhaltung, die Arbeiten nehmen nicht allzu viel Raum ein. Siegbert von Stockhausen hat direkt am «lebenden Objekt» gemalt und präsentiert Poppenreuth-Aquarelle zwischen Vorort-Flair und dörflicher Idylle. Agathe Meier zeigt zarte, großformatige Geflechte aus Metall- und Plastikfäden, die im Wind schaukeln und das Ausstellungsmotto der Durchsichtigkeit perfekt aufgreifen.

Das luzide Thema kommt besonders im Gewächshaus Jäger zum Tragen - allein schon durch die gläserne, lichtdurchflutete Architektur, aber auch, weil die Künstler sich besonders auf den ungewöhnlichen Ort eingestellt haben. «Es gab regelmäßige Treffen, die Leute haben sich hier Inspirationen geholt», erzählt Organisatorin Christa Winterle, die mit schimmernden Mischtechnik-Mosaiken vertreten ist. «Mir war es dabei wichtig, dass wir nichts verändern, dass die Besucher mitbekommen: Hier wird gearbeitet, hier wachsen zahllose Pflanzen».

Schon zum dritten Mal holt Winterle Künstler-Kollegen nach Poppenreuth. Im Jubiläumsjahr 2007 ist alles etwas größer geworden, der dritte Ausstellungsort ist dazugekommen. Und der hat es wirklich in sich. Witzig kommen die hochklassigen Tonfiguren von Helen McLaren daher, die durch die Umgebung einen Touch von ironischen Gartenzwergen haben. Wie Archetypen menschlicher Charaktere stehen sie da, die Köpfe grasüberwogt. Cornelius Réer hat spiegelnde Glasschalen kreiert, in denen sich die Feuchtigkeit fangen kann.

Lisa Metz steuert einen begehbaren Raum aus Hanf-Papiermasse in Form schwebender, an Ketten aufgehängter Kringel bei. Bettina Jaenicke hat ziehende Wolken so realistisch gemalt, dass man das gläserne Gebäude um sich herum vergisst. Knoblauchsländer Kunstträume werden wahr. CLAUDIA SCHULLER

Vernissage am 30. August - um 19 Uhr Eröffnung in der Kirche St. Peter und Paul, um 21 Uhr Lichtperformance im Gewächshaus mit Agathe Meier. Am 2. September um 9.30 Uhr geht es im Gottesdienst um das Thema Kirche und Kunst. Am 9. September um 16 Uhr findet im Gewächshaus ein Künstlergespräch mit den Beteiligten und Ernst Neidel statt.