Künstlerpersönlichkeit

Ein rastloser Humanist: Trauer um NN-Kunstpreisträger Béla Faragó

Matthias Boll

Lokalredaktion Fürth

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28.1.2022, 16:00 Uhr
Ein rastloser Humanist: Trauer um NN-Kunstpreisträger Béla Faragó

© Foto: Athina Tsimplostefanaki

Kurz vor Weihnachten war sein Hund gestorben, mit ihm ging er 14 Jahre lang durch dick und dünn. Das, sagen Freunde nach der Nachricht vom Montagabend, habe ihm das Herz gebrochen.

Béla Faragó lebte sich nicht leicht. Als überaus belesen, informiert und kultiviert, zugleich äußerst zurückhaltend galt er den einen; doch es gab auch jenen Béla Faragó, der im Brotberuf des Restaurators cholerisch werden konnte, wenn ihm wieder mal ein Arbeiter wegen seines gebrochenen Deutschs saudumm und ausländerfeindlich kam. Französisch sprach er besser, nach Frankreich verschlug es ihn auch eine Zeit lang aus familiären Gründen.

Ohne Zweifel, eine empfindsame Seele schlummerte in diesem Mann, der 1958 im ungarischen Kiskunfélegyhaza (Feulegaß) zur Welt kam und in dessen Ausweis auch "Nonkonformist" hätte stehen können. Als "praktizierender Katholik", wie er vor vielen Jahren den Nürnberger Nachrichten verriet, geriet er wiederholt mit der Staatsmacht in Konflikt. Weil Faragó auf den Militärdienst pfiff, verweigerten sie ihm die Aufnahme in die Budapester Kunstakademie.

Anfänge in Buchschwabach

1980 reiste er aus, Richtung Bundesrepublik, studierte beim großen Georg Baselitz an der Karlsruher Akademie, dann in Nürnberg. Zu Beginn der 2000er-Jahre ging sein Stern auf als bildender Künstler, maßgeblich waren es Barbara und Martin Kress, die ihn in ihre neue Buchschwabacher Galerie Destillarta lotsten, viele spektakuläre Ausstellungen folgten. Galerist John Hammond holte ihn ins Stadttheater, in die Sparkasse. 2005 nahm er den Sonderpreis des Verlegers der Nürnberger Nachrichten beim NN-Kunstpreis entgegen. In der Begründung hieß es seinerzeit: "Faragós Bilder handeln von Gewalt und Grausamkeit, von individueller Brutalität, die offen in einem Boxkampf hervorbrechen kann, oder von der organisierten Kriminalität, mit der erbarmungslose Profitmaximierer Kreatur und Natur geißeln. Der Künstler aber, wenngleich zutiefst Moralist und Humanist, weiß um die Gefahr von simplen Schuldzuweisungen."

In riesigen Formaten zeigte er, einem Anverwandten Goyas gleich, mit Tusche und Grafit Menschen, kämpfend, in Massenaufmärschen, am Abgrund – mit einer Dynamik und Wucht, die ihresgleichen suchte, zugleich aber auch mit einer Unmittelbarkeit, die es auch dem weniger kunstaffinen Publikum leicht machte, seine gesellschaftskritisch durchwobenen Werke zu lesen und zu verstehen. "Totentanz" hieß die Schau, die nach Buchschwabach unter anderem auch in Polen die Menschen erschütterte und begeisterte, Lohn war 2010 der Krakauer Preis für Frieden und Völkerfreundschaft. Faragós stets satirisch-sarkastischer künstlerischer Unterton erscholl etwa in Fußball(er)-Zeichnungen, die er pünktlich zur WM 2006 bei Edda Schneider in der Herrnstraße ausstellte. Massenkultur war ihm zuwider.

Grüner Baum und Humbser-Brauerei

Spuren hinterlässt der Restaurator aber auch und vor allem in der Kleeblattstadt. In Diensten von Immobilieninvestor Philipp Streng (MIP) befreite er den "Grünen Baum" in der Gustavstraße, die alte Humbser-Brauerei in der Schwabacher Straße und zuletzt den Hauptbahnhof von der Patina und von grausamen Renovierungspannen früherer Jahre, legte mit sorgsamer Hand und erstaunlicher Akribie Verborgenes frei – so auch jene grandiosen Wandverzierungen, die bei Sanierungsarbeiten 2017 in Gebäuden in der Wiesenstraße zutage traten.

Tagsüber restaurierte er, nachts zeichnete er, immer rast- und ruhelos, am Limit und allein. In seiner Altdorfer Wohnung ist Béla Faragó am Montag einem Herzinfarkt erlegen. Er wurde 63 Jahre alt.

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