Eine Stimme für die Frauen im Iran

28.2.2013, 12:30 Uhr
Eine Stimme für die Frauen im Iran

© Hans-Joachim Winckler

Sie hat um ihr Leben erzählt: Sharzade, die hierzulande meist Scheherazade genannt wird. Jener mythischen Märchenfrau aus Tausendundeiner Nacht fühlt sich Mansoureh Shojaee eng verbunden: „Ja, wir sind alle Sharzades Schwestern. Wir erzählen die Geschichte der Gleichberechtigung, damit wir nicht zugrunde gehen.“

Die Vorstellung ihres Buches zog jetzt zahlreiche Besucher in die kunst galerie am Königsplatz. Dicht gedrängt verfolgten sie die Lesung aus Shojaees druckfrischem Werk: Berührende Geschichten und Fotos öffnen darin den Blick auf eine Welt, die vielen Menschen im Westen fremd ist.

Ein Eindruck, den Shirin Ebadi in ihrem Vorwort thematisiert. Die Friedensnobelpreisträgerin von 2003 schreibt: „Die iranische Frau – ein willensschwaches Geschöpf unter dem Joch der frauenfeindlichen Regierung in der islamischen Republik... Eine Frau im schwarzen Umhang, die auf der Straße marionettengleich mit geballten Fäusten hinter den Männern her marschiert und die Parolen der Regierung wiederholt.“ Ein Bild, sagt Ebadi, das nur einen kleinen Ausschnitt aus einem großen Puzzle zeigt und nicht mehr ist als billige Propaganda des Regimes. Aber wer weiß hier zum Beispiel schon, dass an iranischen Universitäten über 60 Prozent der Studierenden weiblich sind?

Mansoureh Shojaee gibt in ihrem Buch den Frauen selbst eine Stimme. Die Schriftstellerin und Journalistin, die 1958 in Teheran geboren wurde, hat eine ungewöhnliche Form der poetischen Dokumentation gefunden. Sie berichtet vom bedrückenden Alltag, betrachtet die Realität und findet dafür doch eine sehr ästhetische Stimme.

Gefährliches Engagement

Die Autorin zählt zu den Mitbegründerinnen der iranischen Frauenrechtsbewegung. Sie hat unter anderem Wanderbibliotheken für Frauen und Kinder ins Leben gerufen, gehört zu den Initiatorinnen der Kampagne „Eine Millionen Unterschriften für die Gleichberechtigung“ und setzt sich für den Aufbau eines Frauenmuseums im Iran ein. Ein Engagement, das in ihrer Heimat gefährlich ist.

Das Regime reagierte auf ihre Arbeit mit extremem Druck. Shojaee wurde im Dezember 2009 zum dritten Mal verhaftet. Gegen eine Kaution kam sie frei, konnte das Land verlassen. Heute lebt sie mit einem „Writers in Exile“-Stipendium in Nürnberg.

„Sharzades Schwestern“ ist bei „Frauen in der einen Welt“ erschienen. Auf dem Cover ist eine Arbeit („es quält mich, es quält mich nicht“) von Landsfrau Parastou Forouhar zu sehen, deren Ausstellung mit dem Titel „Die Poesie der ungeliebten Wahrnehmung“ noch bis einschließlich Sonntag in der kunst galerie fürth gezeigt wird — eine letzte Führung startet am Schlusstag um 11 Uhr. Herausgeberinnen von Mansoureh Shojaees Buch sind Marion Voigt und Bertrun Jeitner-Hartmann von „Frauen in der Einen Welt — Zentrum für interkulturelle Frauenalltagsforschung und internationalen Austausch“, das im Marstall im Schloss Burgfarrnbach das erste Frauenmuseum Bayerns unterhält.

In ihrem Buch macht Mansoureh Shojaee deutlich, warum sie Angst, Gefahr, Exil und Trennung von ihrer Familie auf sich nimmt. Ihre Stimme, sagt die 54-Jährige, soll „die Frauen, die unter den widrigsten politischen Umständen und unter schwersterdenklichen Repressalien ihren Kampf um Gleichberechtigung fortsetzen“ in ihrem Einsatz für Demokratie und Frieden bestärken: „Bis sie in der Welt Gehör finden.“

„Sharzades Schwestern. Frauen im Iran“, Verlag Frauen in der Einen Welt, Nürnberg, ISBN 978-3-935225-08-3, 16 Euro

 

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