Ende einer Ära: Im "Walhalla" gibt es demnächst Sushi

21.2.2017, 11:00 Uhr
Ende einer Ära: Im

© Anestis Aslanidis

So urig könnte es in einer Hobbit-Höhle aussehen: Eine niedrige Decke mit dunklen Balken drückt auf den Gastraum, schwarze Holzvertäfelungen verkleiden die Wände, darüber hängen historische Porträtaufnahmen, das Gehörn eines Steinbocks oder ein ausgestopfter Greifvogel. In den Regalen drängen sich antike Bügeleisen, Puppen und alte Steingutflaschen.

Seit 1995 ist die "Walhalla" das Reich der Wirtsfamilie Rondthaler. Am 12. März geht diese Zeit zu Ende, das Haus haben sie bereits verkauft. "Wir haben die Gaststätte immer wie einen Familienbetrieb geführt", sagt Danyel Rondthaler. Jetzt gehen die Eltern in Rente, und alleine mag der Koch, der in der nahen "Kupferpfanne" gelernt hat, nicht weitermachen.

Es werde immer schwerer, gutes Personal zu finden, klagt der 45-Jährige. Auf der anderen Seite müssten sich Gastronomen mit immer neuen Auflagen herumschlagen. Dass er sich schon vor Jahren mit dem Vertrieb einer Hifi-Elektronik-Marke ein zweites Standbein aufgebaut hat, erleichtert ihm die Aufgabe.

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© Anestis Aslanidis

Fragt man den Familienvater, was ihm aus den vergangenen 22 Jahren besonders in Erinnerung bleiben wird, kriegt man eine schnelle Antwort: "Viel Stress." Zeit zum Durchschnaufen gab es selten, schon gar nicht in der Weihnachtszeit oder am Heiligen Abend selbst, wenn die Leute Schlange standen, um beim Straßenverkauf am Fenster ihre vorbestellten Karpfen abzuholen. Seine erste Ehe sei auch an dieser Arbeitsbelastung gescheitert, sagt Rondthaler.

Trotzdem haften viele schöne "Walhalla"-Erinnerungen in seinem Gedächtnis. Rasch holt er ein Küchentuch hervor, auf dem sich die Kölsch-Rockband BAP vor einem Konzert in der Stadthalle verewigt hat. Ein unvergesslicher Abend für den Koch. Wie die Zeit verflogen ist, merkt er bisweilen auf der Straße: Da begegnen ihm Paare, die vor Jahren in der "Walhalla" Hochzeit gefeiert haben und jetzt Kinder im Schlepptau haben, die mitten in der Pubertät stecken.

Anfänge im Quick-Restaurant

Besonders dankbar ist die Familie ihren Stammgästen; zu den ganz treuen zählt unter anderem Alt-Oberbürgermeister Wilhelm Wenning. Sie schätzten nicht nur den Karpfen, sondern auch die anderen Fischgerichte: von Forelle über Dorade, Wolfsbarsch und Zander bis zum Seeteufel. Beliebt war auch das Schäufele, sagt Danyel Rondthaler und betont, dass in ihrer "gehobenen fränkischen" Küche keine Fertigprodukte auf den Tisch kamen. "Wir haben alles selbst gemacht."

Nach Fürth verschlug es die Familie in den 70er Jahren. Zunächst führten die Eltern das U-Bahn-Quick-Restaurant an der Ecke von Jakobinenstraße und Nürnberger Straße, im Anschluss den Altstadtgrill in der Gustavstraße 1. Mitte der 90er übernahmen sie als Pächter die "Walhalla" samt dem kleinen Biergarten im Hinterhof. Damals gab es noch zwei Stammtische alteingesessener Fürther im Lokal.

2002 kauften die Rondthalers das Haus am Obstmarkt, wo sie die Stockwerke oberhalb der Wirtschaft bewohnten. Häufige Pächterwechsel habe es hier nicht gegeben, erzählt Danyel Rondthaler, zumindest die letzten drei Gastronomen verbrachten jeweils mehrere Jahrzehnte in der "Walhalla", die zu den ältesten Gasthäusern der Kleeblattstadt zählt.

Asiatisch statt fränkisch

Der Versuch, die "Walhalla" nach ihrem Rückzug als fränkische Speisegaststätte zu erhalten, ist gescheitert. Es habe sich kein Wirt gefunden, der den Willen und das nötige Kleingeld mitbrachte, um das komplette Haus zu kaufen. Bei der Suche nach einem Nachfolger wurde Danyel Rondthaler schließlich in Nürnberg fündig.

Dort machten vier junge vietnamesische Männer 2015 das "CôCô Taste of Asia" auf und ein Jahr später das "CôCô Indochine". Jetzt wollen sie ihre Idee nach Fürth bringen: moderne asiatische Küche mit europäischem Einschlag. Spätestens im Juli soll das neue Restaurant eröffnen, hieß es auf FN-Anfrage. Fest steht schon jetzt: Die "Walhalla", wie man sie kannte, wird es nicht mehr geben. Das rustikale Ambiente passe nicht zum Konzept der CôCô-Restaurants, sagen die neuen Eigentümer.

Danyel Rondthaler ist froh, dass er vom Umbau nichts mehr mitbekommt. Es würde ihn, sagt er, dann doch ein wenig schmerzen. Wenn die Familie am 12. März nachts zum letzten Mal das Traditionsgasthaus zusperrt, werde es schon wehmütig genug. Während seine Mutter in Fürth bleibt, zieht es den Sohn fort. Sein neuer Lebensmittelpunkt liegt bei Schrobenhausen in Oberbayern. Gibt’s dort eigentlich Karpfen?

Mehr Informationen in unserer Rubrik Essen und Trinken!

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