Erntebilanz 2020: Zuerst zu kalt, dann zu trocken

27.8.2020, 17:30 Uhr
Erntebilanz 2020: Zuerst zu kalt, dann zu trocken

© Thomas Scherer

Auf der Anhöhe über Laubendorf findet sich das Malheur dieses Jahres in konzentrierter Form: Das Grünland kommt daher wie eine kurz gehaltene Steppe. Die Luzerne verdorrt am Stängel und der Mais präsentiert sich mit mangels Wasser eingerollten Blättern auf drei Äckern in genauso vielen Varianten, je nach Zeitpunkt der Aussaat: Einmal ganz ansehnlich mit gut drei Meter Höhe – das ist die absolute Ausnahme heuer.

Dann etwa zwei Meter mit mickrigen Kolben, die übliche Variante dieses Jahres. Und einmal keine 1,80 Meter hoch und ohne Kolben. "Der hat nicht mal einen ordentlichen Futterwert", sagt der Laubendorfer Landwirt Matthias Kohl.


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45 Hektar Ackerland bewirtschaftet Kohl. Der Mais auf 18 Hektar ist als Basis der Silage neben der Wintergerste (15 Hektar) die wichtigste Futterquelle für seine 80 Milchkühe und die Nachzucht. Und bei beiden Kulturen lässt die Ernte erheblich zu wünschen übrig, machte Peter Köninger deutlich. Der Obmann des Fürther Kreisverbands im Bayerischen Bauernverband (BBV) machte die Erntebilanz auf dem Hof von Catrin und Matthias Kohl öffentlich.

Dem Betrieb fehlen beim Mais bis zu 40 Prozent, bei der Wintergerste reicht es bis zum Totalausfall. Einen Bestand hat Matthias Kohl gleich Ende Mai gehäckselt und siliert, weil sich abzeichnete, dass aus dem garantiert nichts mehr wird. Der Versuch mit dem ersatzweise gesäten Mais auf diesem Feld ist gescheitert, das wurde der ganz mickrige.

Am Futtertisch wird es eng

Und auf dem Grünland (25 Hektar) war nur der erste Schnitt ordentlich, der vierte und letzte Schnitt fällt mangels Niederschlägen fast ganz unter den Futtertisch. Die Kohls haben Glück: Sie können ihre Ausfälle mit der Ernte eines Hofes in der Verwandtschaft kompensieren, ein Onkel gibt seinen Betrieb auf. Andere müssen Futter zukaufen.

Im dritten Jahr in Folge, in dem die hiesigen Landwirte genauso wie ihre Kollegen deutschlandweit mit extremer Trockenheit zu kämpfen haben, "stehen viele, besonders im Landkreisnorden, bei der Fütterung ihrer Tiere mit dem Rücken zur Wand", sagt Köninger. In den Betrieben wachse die Resignation. "Da wird das Aufhören leicht gemacht", meint Kreisbäuerin Bettina Hechtel.

Dass es mit der Wintergerste heuer wohl nichts Besonderes werden würde, war bereits im Frühjahr absehbar. In März und April, der fürs Wachstum des Bestands wichtigsten Zeit, "hat es, wenn überhaupt, nur tröpfchenweise geregnet", blickt Nikolaus Ehnis, Pflanzenbauberater am Landwirtschaftsamt Fürth, zurück. "Und der kalte Ostwind hat dann auch noch den letzten Tropfen mitgenommen", sagt er.

Nachtfröste gaben der Blüte den Rest

Dazu kam, dass die Böden nach dem nassen Winter erst spät befahrbar waren. Als der Dünger endlich ausgebracht werden konnte, fehlte die Feuchte, damit der Stickstoff für die Pflanze verfügbar wird. Die Nachtfröste im Mai zur Blüte setzten noch eins drauf: Die Körner in den Ähren wurden nicht befruchtet und bildeten sich nicht aus, es kam zur sogenannten Laternenblütigkeit. Durch die Spelzen schimmert dann das Licht. So mancher Bauer konnte Ende Juli nur Stroh ernten.

"Zuerst zu nass, dann zu trocken, schließlich noch zu kalt, da konnten sich die Bestände nicht einmal im Ansatz ordentlich entwickeln: Getreideanbau war heuer ein Lotteriespiel", fasst Ehnis zusammen.

Generell nicht zufriedenstellend, aber immerhin noch besser als erwartet: Das bilanziert Johannes Strobl, Landwirt aus Cadolzburg-Greimersdorf und Vorsitzender des mittelfränkischen Erzeugerrings für Qualitätsgetreide, im Blick auf die Vermarktung. Einzig unbeschadet durch die Trockenheit ging der Raps. Mit im Schnitt 40 Doppelzentnern pro Hektar lagen die Erträge so hoch wie seit drei Jahren nicht mehr.

Dem Weizen fehlt das Eiweiß

Bei der Gerste macht er regional stark schwankende Ergebnisse zwischen 20 bis fast durchschnittlichen 60 Doppelzentnern aus. "Und wo es etwas geregnet hat, war der Weizen mit 65 bis 70 Doppelzentner auf dem Hektar okay." Überrascht habe ihn, dass der Weizen doch ein schweres, volles Korn ausgebildet hat, allerdings fehlte es dem an Eiweiß.

Womit sich für Strobl bereits abzeichnet, dass im Fürther Land künftig kein Qualitätsweizen ("Brotweizen") mehr produziert wird. Dazu fehle es an Niederschlägen, die verschärfte Düngeverordnung tue ein übriges dazu.

In der Spirale abwärts

Mit ihr wird das Zeitfenster für die Gülle-Ausbringung immer enger. Zwischenfrüchte beispielsweise dürfen im Herbst gar nicht mehr gedüngt werden, dann fehlt dem Boden im Frühjahr zur Aussaat der Stickstoff. "Wir befinden uns in der Spirale abwärts", sagt Köninger, denn mit der Düngeverordnung muss die Stickstoffgabe Jahr für Jahr heruntergefahren werden.

So sei ein wirtschaftlicher Getreideanbau kaum mehr möglich. "Wenn unterm Strich in normalen Jahren noch 350 Euro je Hektar blieben, sind das heuer 100 bis 150 Euro weniger. Das geht an die Substanz der Betriebe", sagt Köninger.

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