Erosion macht Volksparteien das Leben schwer

29.9.2009, 00:00 Uhr

Nicht belegen, aber immerhin mit gutem Grund vermuten lässt sich etwas anderes: Lokale Befindlichkeiten spielen kaum ein Rolle, wenn es um das Kreuzchen bei der Bundestagswahl geht. Gestützt wird diese These beim Blick auf die Stadt Fürth durch zwei Beobachtungen. Zum einen legte auch hier die FDP am massivsten zu, obwohl der liberale Ortsverband seit Jahren wenig präsent ist und mit Ach und Krach einen Vertreter in den Stadtrat hieven konnte.

Zum anderen zählte der «Jung- Bonus» beim Urnengang am Sonntag offenbar gar nicht. Hatte der Fürther Oberbürgermeister bei der Kommunalwahl im März 2008 noch schier unglaubliche 80 Prozent eingefahren und die SPD in seinem Schlepptau eine satte absolute Stadtratsmehrheit erobert, so konnte auch Thomas Jungs Popularität die SPD diesmal nicht vor dem Absturz auf klägliche 23,9 Prozent bewahren - ein Minus von 11,9 Prozent.

Dem Stadtoberhaupt ist sehr wohl bewusst, dass die Schlappe auf Bundesebene für ihn und seine Gefolgsleute schnell Thema werden könnte. Dann nämlich, wenn die Stimmen der Genossen lauter werden, die einen Linksruck hin zu alten sozialdemokratischen Positionen fordern. «Verhängnisvoll» wäre das in seinen Augen, sagte Jung bereits am Wahlabend, und er hat durchaus Anlass zur Skepsis. Denn Jungs Strategie, alle gesellschaftlichen Schichten anzusprechen und das Augenmerk vor allem auf die breite Mitte zu legen, hat ihm unter anderem seinen historischen Erfolg beim lokalen Urnengang beschert. Der OB beeilte sich deshalb zu versichern, dass er unbeirrt bei seiner Linie bleiben werde.

Ebenso unmissverständlich teilt er in Richtung der neuen Regierung aus. Am meisten mache ihm zu schaffen, dass der Wähler gerade jene marktliberale Politik, die die jüngsten Wirtschafts- und Finanzmarktprobleme heraufbeschworen habe, nun auch noch stärke, sagte Jung den FN.

In erster Linie zielt dieser Seitenhieb auf einen der großen Gewinner, die FDP, ab, die in Fürth erstaunliche Erfolge verbuchte. In Teilen Dambachs und im Bereich des Südstadtparks fuhren die Liberalen bisweilen über 20 Prozent der Stimmen ein und ließen sogar die SPD hinter sich. Am schwächsten hingegen war die FDP genau dort, wo die Linke Punkte machte: in großen Teilen der Innen- und Südstadt, die von sozial schwächeren Schichten bewohnt werden. Und bitter für die SPD: Die Linkspartei lag hier bisweilen fast gleichauf mit den Sozialdemokraten.

Die Grünen holten ihre besten Ergebnisse wie gewohnt im Osten der Stadt, aber auch im Zentrum, wo für sie reihenweise Werte von deutlich über 20 Prozent zu Buche stehen. Die CSU mobilisierte ihre Klientel in den traditionell bürgerlich geprägten Gebieten wie Poppenreuth, Ronhof, Dambach, Burg- und Unterfarrnbach.

Zum deutlichen Sieg aber verhalfen den Christsozialen einmal mehr die ländlich geprägten Gebiete im Landkreis Fürth, vor allem aber im Landkreis Neustadt/Bad Windsheim, der seit jeher CSU-dominiert ist.

Zwar bekam die CSU auch hier – ganz im landesweiten Trend – einen Denkzettel und schrumpfte gegenüber 2005 um siebeneinhalb auf 41,5 Prozent; doch noch schlimmer erwischte es die SPD, die von 27,5 auf knapp 18 Prozent einsackte. Gut schnitten die FDP (knapp 14 Prozent) und die Grünen (10,5) ab.

In den Gemeinden des Landkreises Fürth büßte die SPD durch die Bank zwischen zehn und zwölf Prozentpunkte ein, die CSU hat Verluste zwischen 4,5 (Cadolzburg, Tuchenbach) und fast zehn Prozent (Seukendorf) zu verkraften. Die FDP fuhr ihr herausragendes Ergebnis mit 21,3 Prozent in Obermichelbach ein; die Grünen waren ebenfalls in Obermichelbach (12,5) und in Veitsbronn (12,2) am stärksten, die Linkspartei in Ammerndorf (9), Zirndorf und Stein (je 8).

Und selbst die Piratenpartei lehrt die Großen das Fürchten: Erstmals am Start, holten die Kämpfer gegen Datenschnüffelei im Wahlkreis Fürth 2,8, Direktkandidat Alexander Wunschik 2,3 Prozent; in manchen Innenstadtlokalen von Fürth reichte es für die Neulinge sogar für acht bis neun Prozent.