Sommerwetter

Es ist zu spüren: "Die Natur atmet auf"

23.8.2021, 11:00 Uhr
Es ist zu spüren:

© Foto: Thomas Scherer

Ist das ein Sommer, wie ihn der Gärtner liebt, Herr Frenzke?

Mein Gärtnerherz schreit schon Hurra. Schließlich haben die Regenfälle dafür gesorgt, dass alles schön wuchert – oder nein – es vielmehr wieder einmal normal wächst. Nach den Trockenjahren zuletzt ist ein Aufatmen in der Natur zu spüren.

Von Entwarnung aber keine Spur, oder?

Nein, denn die Niederschläge haben es nicht geschafft, die gesunkenen Grundwasserspiegel wieder auszugleichen. Gerade ältere Bäume, die sich aus diesen Schichten über ihr Wurzelwerk mit Wasser versorgen, bekommen Probleme. Sie schaffen das nicht mehr. Da reichen oft schon einige Dezimeter aus. Die Bäume können solche Probleme zwar ein paar Jahre aushalten, aber irgendwann ist Schluss.

Beim Blick in die Wälder stechen die kaputten Fichten mit ihren roten Nadeln ins Auge. Was stellen Sie im Garten fest?

Auch hier gibt es Trockenschäden bei den Bäumen. Die Birken haben beispielsweise in den vergangenen ein bis zwei Jahren massiv gelitten. Ich hatte heuer schon 25 bis 30 Meter hohe, voll belaubte Exemplare, die waren tot.

Es ist zu spüren:

© Foto: Landratsamt Fürth

Stoßen die Bäume die Blätter nicht ab?

Das ist eigentlich nur eine Notreaktion, um die Verdunstungsleistung zu reduzieren. Aber in diesem Fall war bei den Birken schlagartig Feierabend. Das Laub bleibt zunächst noch dran – und fällt dann später doch ab.

Aber heuer spielt das Wetter mit. Gab es aus Ihrer Sicht dennoch etwas zu beanstanden?

Wir hatten einen kalten April. Da ist viel stecken geblieben, auch die Knospen wurden geschädigt. Und das viele Wasser hat auch eine zweite Seite.

Und die wäre?

Wir haben extrem mit Pilzerkrankungen zu tun: Mehltau bei Äpfeln, Gurken oder Zucchini, Braunfäule bei Kraut oder Kartoffeln.

Also raus mit der chemischen Keule?

Für viele Dinge gibt es biologische Mittel, etwa Milch gegen Kraut- und Braunfäule. Aber dafür ist es sowieso schon zu spät. Der Pilz ist in das Gewebe eingedrungen. Wir werden heuer damit leben müssen.

Wenn man sich aber Bäume, sei es im Garten oder auf Streuobstwiesen, ansieht, stellt man fest: Es gibt jede Menge Früchte.

Die Ernte wird sicher nicht schlecht, aber ich denke, sie liegt im mittleren Bereich. Die Kirsche war heuer etwas besser. Das Problem war, dass die Bienen keine guten Bedingungen hatten, um etwa bei der Apfelblüte zu fliegen und zu bestäuben. Ich habe mit Imkern gesprochen, die mit der Frühlingstracht, also der Nektarausbeute, aus der der Honig entsteht, sehr unzufrieden waren. Da hängt aber viel vom Kleinklima ab. Ich kenne Bäume, die hängen voll, an anderen ist dagegen fast nichts dran.


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Was kann ich im Garten tun, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen?

Da gibt es verschiedene Ansätze, beispielsweise bei den Züchtungen im Gartenbau: Der Trend geht mehr zu trockenstresstoleranten Pflanzen. Ich würde bei Obstbäumen lieber zu alten Sorten greifen, anstatt zu den hochverwöhnten Ertragssorten. Sie erreichen bei der Ernte zwar nicht ganz die Masse, sind aber deutlich widerstandsfähiger.

Was würde Ihnen da spontan einfallen?

Die Goldparmäne, ein guter Tafelapfel, oder der Reichtragende vom Zenngrund. Aber auch beim Gemüse gibt es Alternativen. Nehmen wir den Kohl. Bei uns sind vor allem Sorten geläufig, die Köpfe machen. Aber wer kennt noch Palmkohl, Braunkohl oder Schwarzkohl? Hier erntet man die Blätter ab. Und wer den Palmkohl-Strunk über den Winter stehen und blühen lässt, bekommt eine tolle Bienenweide. Das gilt auch für den Rettich: Wenn der schießt, kann man erleben, wie sich Bienen um die Blüten prügeln.

Pflanzen brauchen aber auch Wasser. . .

Das Wassermanagement ist ein weiterer Ansatz. Gut ist es, sich über Speichersysteme, wie Zisternen oder Fässer und Tonnen, einen eigenen Vorrat aufzubauen. Über Dachflächen kommen schnell ein paar Kubikmeter zusammen. Klar, wenn es nicht genügend regnet oder gar nichts kommt, wird es schwierig. Und dann ist noch die Bewässerung der Pflanzen generell. Wer den klassischen Beregner aufstellt, sorgt vielleicht für etwas Abkühlung, hat aber enorme Verdunstungsverluste. Außerdem fällt das Wasser auch auf Flächen, wo es nicht gebraucht wird. Und wer klassisch die Gießkanne nimmt, wird feststellen: Nach ein paar Zentimetern wird es im Boden schon wieder trocken. Moderne Tröpfchensysteme sind effektiver. Das Wasser sickert langsam direkt bei den Pflanzen ein. Auch Perlschläuche, die unter einer Mulchschicht vergraben sind, erzielen eine gute Wirkung.

Die Hecke explodiert, die Bäume schlagen aus – was empfehlen Sie dem ordnungsliebenden Gärtner?

Zunächst einmal sollte sich jeder darüber freuen, dass heuer alles endlich wieder einmal so wunderbar wächst. Wenn Äste im Weg sind, kann man sie natürlich wegnehmen. Generell sollte man Gehölze erst ab Mitte Juli schneiden, sie stellen sich dann auf den Herbst ein und treiben nicht mehr nach. Bei Obstbäumen gilt: Der Sommerschnitt wirkt beruhigend, der Winterschnitt anregend.

Sie bieten auch Schnittkurse an?

Das läuft über die Gartenbauvereine, die auf mich zukommen. In der Coronazeit ist das aber alles weggefallen. Ich hoffe, dass es nächstes Jahr wieder klappt.

Apropos wegfallen: Aufgrund der Pandemie hat der Landkreis die "Herbstimpressionen" im Kreislehrgarten abgesagt. Die Familienbustour im Zuge der Heimatlandkreis-Kampagne mit Aktionen an gleicher Stelle findet dagegen statt. Wie das?

Bei der Tour am 4. September können Kinder mit einer Presse Äpfel mosten oder Bienen-Hotels basteln. Das mache ich mit zwei oder drei Freiwilligen. Da kommt ein Bus mit 30 bis 35 Personen. Bei den Herbstimpressionen sind es dagegen bis zu tausend Besucher. Da helfen uns viele Ehrenamtliche aus den Gartenbauvereinen, die oft auch schon etwas älter sind. Mit Blick auf Corona wollten wir kein Risiko eingehen. Schließlich soll jeder mit Freude und nicht mit Angst bei der Sache sein.

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