F wie Frosch

12.8.2012, 16:00 Uhr
F wie Frosch

© Pfeiffer

Daniela Frosch sieht gleich, dass das nicht glattgeht mit den Blumen. „Warten S’, ich kumm vor.“ Sie umrundet 16 Meter Obst- und Gemüsekisten, schüttelt die Sträuße ein wenig und zieht einen geschickt aus dem Eimer. Zurück an der Kasse wickelt sie ihn in Zeitungsseiten, legt die Sommerblumen vorsichtig auf Zwiebeln, Paprika und Tomaten. „Noch an Wunsch?“ Die Kundin denkt einen Moment lang nach, schüttelt den Kopf. „Elf Euro macht’s dann.“

Der nächste steht schon an. „Das Peterle? 50 Cent bitte.“ Dem Einkauf am Wochenmarkt ist eine gewisse Flüchtigkeit eigen. Es muss schnell gehen, meistens. Denn die Kundschaft ist auf dem Weg zur U-Bahn, nach Hause oder ins Büro. Ihr Blick gilt dem knackigen Gemüse und süßen Früchten, selten den Händlern und Händlerinnen. Sich vorzustellen und mit Namen ansprechen, dazu bleibt keine Zeit. Das fränkische S’ – gemütlicher als ein Sie – muss genügen.

„Ich kenne vielleicht zehn Prozent der Kunden mit Namen, von den Bestellungen her“, sagt die 39-Jährige. Aber die Kunden sie? Dabei verkauft Daniela Frosch seit einem Jahr regelmäßig von Donnerstag bis Samstag auf dem Wochenmarkt, schon früher hat sie am Stand ihrer Freundin Andrea Neukamm ausgeholfen. Und wenn ihn einer wüsste, den Frosch? „Ich find’ das schön!“, sagt sie. Das Ausrufezeichen wie mit einem Edding gemalt. Wer heißt schon so? In der Schule traute sich keiner zu spotten, zwei größere Brüder garantierten dafür. Nur der Lehrer durfte warnend mit dem Zeigefinger wackeln: „Fröschla, Fröschla!“ Aber als Daniela in der Neunten als Klassensprecherin kandidierte, kreierte sie einen eigenen Slogan: „Sei kein Frosch, wähle Frosch!“ Solcher Wortwitz war schlagend und brachte Erfolg.

Und wenn sie heute auf Ämter geht oder anderswo ihren Namen sagt? „Die trauen sich gar nicht, Frosch zu sagen. Die fragen: Rosch? Ich antworte dann: Frosch – wie die Kröte.“ Auf den Mund gefallen ist Daniela Frosch gewiss nicht, und sie weiß, mit diesem Namen muss man schneller sein als der andere. Ihr aktueller Wahlspruch: Sei kein Frosch, geh zu Frosch!

Oder besser zu Neukamm. Seit 60 Jahren schon handelt Familie Neukamm in Fürth mit Früchten und Gemüse, ein großer Teil davon aus eigenem Anbau. 1952 war die Mutter mit dem dreirädrigen Auto von Weigelshofen hinter Forchheim angereist, Tochter Andrea führt das Geschäft ihrer Eltern weiter. Eine Stammkundin, die gerade vorbeikommt, stellt ihre Taschen ab und duzt sie umstandslos. Daniela Frosch drückt sie freundschaftlich den Arm: Man kennt sich.

So ein festes Verhältnis zur Kundschaft? Das braucht mindestens fünf Jahre. Daniela Frosch wünscht sich mehr davon, denn sie will nicht einfach nur verkaufen sondern auch einmal ein paar Worte wechseln. „Ich will das Persönliche, das ist einfach familiär.“

Dafür hat sie die gelernte Metzgereifachverkäuferin, die berufsunfähig wurde und zuletzt in einer Elektronik-Fertigung gearbeitet hatte, ihren Job geschmissen. Und arbeitet nun drei Tage am Markt und an den übrigen auf den Feldern oder im Obstgarten. Zupacken muss man da und früh aufstehen, trotzdem hängt alles am Wetter.

Als Kind, erinnert sich Daniela Frosch, hatte sie einen Laubfrosch als Haustier. Mit Leiter im Glas und als Wetterfrosch absolut nicht zu gebrauchen. Dafür hat sie als Erwachsene jede Menge Frösche. Zu jedem Geburtstag Froschkarten, Froschtassen, Froschkönige. Sie verdreht die Augen: „Sogar bei meiner Kündigung haben mir die Kollegen einen Teich gebastelt und Haribo-Frösche drauf gesetzt.“

Aber den Namen ändern? Ein Bruder hat den Namen seiner Frau angenommen, die Schwester nach Österreich geheiratet. „Der passt schon“, sagt Daniela Frosch. Sollen die Leute doch schmunzeln. Sie weiß: Wer ihren Namen einmal gehört hat, vergisst ihn nicht mehr.
 

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