Die neue Mobilität

Fahrerloser Bus: Cadolzburg steigt ein

16.7.2021, 06:00 Uhr
 Moderne Technik vor historischer Kulisse: Wer will, darf am 17. und 18. Juli in Cadolzburg  mit einsteigen. Sivia Dießl und Lukas Kratzer betreuen bei der Marktgemeinde das Projekt.

© Foto: Thomas Scherer  Moderne Technik vor historischer Kulisse: Wer will, darf am 17. und 18. Juli in Cadolzburg  mit einsteigen. Sivia Dießl und Lukas Kratzer betreuen bei der Marktgemeinde das Projekt.

Wie fühlt es sich an, in einem autonom fahrenden Bus unterwegs zu sein, Frau Dießl?

Leider kann ich Ihnen das noch nicht sagen, aber ich werde es am Wochenende ausprobieren und freue mich sehr auf die erste Fahrt.

Wie hat sich die Möglichkeit für Cadolzburg ergeben, ein solches Fahrzeug zu testen?

Wir waren als eine von drei Kommunen in Bayern mit unserer Bewerbung für das Pilotprojekt "New Mobs – Mobilitätsinnovationen im ländlichen Raum" erfolgreich, das sich aus unterschiedlichen Phasen zusammensetzt. Dazu gehörten unter anderem auch Workshops mit Bürgerinnen und Bürgern. Diese fanden im Herbst 2020 statt. Hier wurden sehr kreative Ideen entwickelt.

Welche denn?

Durch Cadolzburg führt die stark befahrene Staatsstraße 2409, hier gilt es, die Verkehrsbelastung im Ort zu reduzieren. Die Vorschläge reichten von einer Seilbahn über eine Rolltreppe bis hin zu einem Zeppelin. Als innovative und trotzdem umsetzbare Idee kristallisierte sich der autonom fahrende Bus heraus

Und woher bekommt man so ein Gefährt für ein Wochenende?

Das war einfacher, als wir es uns am Anfang vorgestellt hatten. Unter anderem fahren diese Busse schon in Hof, Kronach oder Bayreuth, zunächst im Zuge von Pilotprojekten. Die Firma Rehau setzt ein solches Transportmittel auf ihrem Betriebsgelände ein. Bei der Recherche bin ich auf die Firma Nuts One GmbH aus Berlin gestoßen. Sie betreut das Projekt in Kronach.

Fahren wird der Bus am Wochenende auf einem etwa 400 Meter langen Abschnitt der Gonnersdorfer Straße zwischen dem Wanderparkplatz Buchspitz und dem Weiher. Wie müssen Sie diese Strecke vorbereiten?

Die Straße wurde bereits am Mittwoch gesperrt. Die Strecke wird eingemessen, denn der Bus braucht feste Punkte, von denen Signale zur Routenführung und Hinderniserkennung an ihn zurück gehen.Vereinfacht gesagt, funktioniert das wie bei einem Staubsaugerroboter zu Hause. Wenn ein unvorhergesehenes Hindernis auftauchen würde, bremst der Bus gleich ab. Wir legen sehr viel Wert auf Sicherheit, und natürlich ist eine Person mit an Bord, die sofort eingreifen kann, wenn etwas sein sollte.

Warum ausgerechnet diese Route?

Ursprünglich war die Strecke vom Höhbuck zum Marktplatz geplant, denn dort findet die Skulpturenausstellung unserer Grundschulen zum Thema Mobilität statt. Da die Straßen dafür aber komplett gesperrt werden müssen, wären zu viele Anwohner betroffen gewesen. Der Leihbus entstammt der ersten Generation, er ist etwas schwächer motorisiert als etwa die neuesten Versionen. Daher kann er unebene Fahrbahnen, zum Beispiel mit grobem Pflaster, und große Steigungen nicht so gut meistern Der Bus erreicht dennoch eine Geschwindigkeit von 20 bis 25 Kilometer pro Stunde.

Wie läuft der Betrieb am Wochenende ab?

Der Bus ist am Samstag und am Sonntag jeweils von 10 bis 17 Uhr unterwegs. Die erste Fahrt unternehmen Landrat Matthias Dießl, Bürgermeister Bernd Obst und der Bundestagsabgeordnete Christian Schmidt. Vom Parkplatz bis zum Weiher und zurück braucht er ungefähr 20 bis 25 Minuten. Pro Fahrt dürfen vier Personen dabei sein – natürlich, wie im Öffentlichen Nahverkehr auch, nur mit FFP2-Maske.

Wie bekomme ich eine Karte, muss ich vorher online reservieren?

Nein, wir geben die Tickets an einer Station an der Buchspitz aus. Bei Online-Reservierungen besteht die Gefahr, dass jemand nicht kommt. Und wir wollen keine Fahrt verfallen lassen.

Mit welcher Resonanz rechnen Sie?

Das ist ganz schwer einzuschätzen. Wir wünschen uns, dass die Menschen sich vor Ort ein Bild machen und sich informieren, damit mit Blick auf die neue Technologie Berührungsängste abgebaut werden können.

Nachgedacht wurde bereits darüber, einen solchen Bus irgendwann einmal von den Supermärkten am Kreisverkehr über den Bahnhof bis zum Marktplatz fahren zu lassen. Wie realistisch ist so etwas, und gäbe es dafür einen Zeithorizont?

Nach der Machbarkeitsstudie könnte die Buslinie innerhalb von drei bis vier Jahren umgesetzt werden. Vorher sieht das Projekt eine Testphase über mehrere Monate vor, um zu sehen, ob die Menschen das Fahrzeug annehmen. Dabei fallen Kosten an, hierfür benötigen wir die Unterstützung von Sponsoren.

Einen großen Effekt auf die Belastung der Staatsstraße hätte der autonom fahrende Bus aber nicht, oder?

Es ist ein Baustein, neben den Mitfahrbänken und den Lastenrädern, die die Bürger ab Herbst mieten können. Es geht darum, den Quell- und Zielverkehr innerhalb von Cadolzburg zu reduzieren. Auf die Anzahl der Pendler durch den Ort haben wir kaum Einfluss.

Sie haben das Pilotprojekt New Mobs erwähnt. Jede der drei beteiligten Partner probiert etwas Anderes aus, anschließend werden Erfahrungen ausgetauscht. Was erwarten Sie sich?

Das Gesamtprojekt hat sich etwas anders entwickelt als geplant. In den Landkreisen Garmisch-Partenkirchen und Passau – sie wollen Lastenräder bzw. eine App testen, bei der die Bürgerinnen und Bürger alle Verkehrsangebote vor Ort auf einen Blick haben – haben sich die Projekte verschoben und werden erst 2022 umgesetzt. Daher kann der Erfahrungsaustausch der Kommunen erst Ende nächsten Jahres stattfinden.

Der Bus fährt am 17./18. Juli von 10 bis 17 Uhr auf der Gonnersdorfer Straße zwischen dem Parkplatz Buchspitz und dem Weiher. Tickets sind vor Ort erhältlich. Für die Kinder gibt es einen Fahrradparcours. Das Landratsamt ist mit dem Klimamanagement ebenso mit Angeboten vor Ort wie der BN Cadolzburg. Am Sonntag findet um 11.30 Uhr an der Buchspitz außerdem ein Gottesdienst im Freien statt.

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