Fall Schliemann-Gymnasium bleibt in der Schwebe

22.12.2016, 11:00 Uhr
Das Schliemann-Gymnasium.

© Foto: Winckler Das Schliemann-Gymnasium.

Nach fast anderthalbstündiger, teils hitzig-emotionaler Diskussion lief es am Ende auf Begrifflichkeiten hinaus: Fasst man nun einen „Grundsatzbeschluss“, wie es von der Stadtspitze angekündigt worden war, oder hält man sich weiter beide Optionen offen: sowohl den vom Rathaus befürworteten Neubau des Gymnasiums an anderer Stelle als auch eine Erweiterung am bisherigen Standort an der Königstraße?

Als Gewinner durften sich am späten Mittwochnachmittag schließlich beide Seiten fühlen. Zwar ist noch nicht besiegelt, wo die Heimat des Innenstadtgymnasiums sein wird, doch hat der Stadtrat schon einmal wichtige Weichen gestellt. Rund 100 000 Euro sollen nun für einen Architektenwettbewerb ausgegeben werden, von dem sich die Zweifler Antworten auf ihre Fragen erhoffen: Ist das Grundstück an der Wolfsgrubermühle tatsächlich für ein neues Gymnasium geeignet und wie könnte der Komplex aussehen?

Alle Beteuerungen des Baureferenten, der Bau finde ohne Probleme Platz auf dem Grundstück, fruchteten bei ihnen nicht. Sie verwiesen darauf, dass für eine Sanierung des HSG und eine Erweiterung hinein in die bald freiwerdende Feuerwache nebenan sowie einen daran andockenden Neubau bereits fundiertere Planungen vorliegen. Ausgearbeitet hatte sie der Architekt Klaus Madinger, Vater einer Schliemann-Schülerin. Um einen Vergleich damit zu ermöglichen, soll nun ein ebenfalls professionell ausgearbeitetes Konzept für die Neubauvariante her.

Danach kommt der Fall HSG erneut auf die Tagesordnung des Stadtrats. In der Sitzung vom Mittwoch wurden noch einmal die bekannten Positionen ausführlich erläutert. Auf der einen Seite stehen die Befürworter eines Neubaus, einer „Schule aus einem Guss“, die modernen Anforderungen gewachsen sei. Eines Neubaus auch, der große Belastungen für Schüler und Lehrer durch einen jahrelange Generalsanierung im Altbestand vermeidet.

Auf der anderen Seite all jene, die das Festhalten am alten Quartier befürworten – unter anderem, weil es mehr „Charme und Wohlfühlcharakter“ habe. Und die, wie die Christsozialen, auf dem Wolfsgruberareal viel lieber einen Neubau für die ebenfalls beengte und marode Ludwig-Erhard-Berufsschule sähen.

Umstritten blieb auch, ob das vorliegende Votum der Schulfamilie nun als aussagekräftig zu werten ist. 65 Prozent des Kollegiums hatten sich für den Neubau ausgesprochen, eine knappe Mehrheit der Schüler ebenso. Unter den Eltern neigen mehr zum Verbleib – allerdings bei einer für alle verblüffend schwachen Beteiligung von nur 19 Prozent.

Keine überzeugende Tendenz vermag daraus CSU-Mann Tobias Wagner abzulesen, selbst ehemaliger Schliemann-Schüler und vom Stadtrat bestellter Pfleger der Schule. Markus Dinter-Bienk wiederum, SPD-Rat und Lehrer am HSG, erkennt „eine gewisse Eindeutigkeit“, denn: Beide wirklich relevanten Gruppen – Schüler und Lehrkräfte – hätten mehrheitlich pro Neubau gestimmt. „Und das sind die, die die Gebäude nutzen“, so Dinter-Bienk. „Der Anstand gebietet es, so ein Votum ernst zu nehmen“, findet er und sagt: „Ein Neubau bietet Möglichkeiten, die wir im Altbau niemals schaffen können.“

Eindringlich warnte Baureferent Joachim Krauße davor, zu viel Zeit verstreichen zu lassen: „Wir brauchen eine Richtungsentscheidung, sonst passiert in keiner Schule etwas.“ Denn neben dem HSG und der Ludwig-Erhard-Schule müssen in den nächsten Jahren auch Helene-Lange-Gymnasium und Gustav-Schickedanz-Schule saniert werden. Das alles „auf einmal zu planen, das geht nicht“, sagt Krauße.

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