Fränkisch für alle!

19.11.2013, 10:00 Uhr
Fränkisch für alle!

© Andre De Geare

In Franken mag man es knapp und mehrdeutig, weshalb bestimmte Äußerungen von Nichtfranken oft missverstanden werden. Dazu gehören bassd scho und eh scho Woschd. Beide können trotz, vielleicht auch wegen ihrer Knappheit, quasi die komplette Bandbreite menschlicher Gefühlswallungen abbilden. Auf diese Weise kann ein scheinbar zustimmendes bassd scho locker auch das genaue Gegenteil bedeuten, nämlich, dass etwas ganz und gar nicht passt. Ja, es kann, trotz seines harmlosen Klangs, gelegentlich sogar einen bedrohlichen Charakter annehmen, weshalb es leicht unterschätzt wird.

Das muss man wissen, wenn man das Fränkische verstehen will und auch, dass bassd scho und eh scho woschd für diametral entgegengesetzte emotionale wie körperliche Aggregatzustände stehen, auch wenn beide nach einem überaus entspannten, ja entrückten Umgang mit Welt und Leben klingen. Denn während bassd scho immer aktiv ist, haben wir es bei eh scho Woschd eindeutig mit einer passiven, ans Fatalistische grenzende Haltung zu tun.

Ein Beispiel: Auf die Frage „schmeckt´s?“ mit eh scho Woschd zu antworten, signalisiert dem Wirt, dass der Gast wahrscheinlich einen völlig verkorksten Tag hinter sich hat und das miese Essen nun auch schon egal ist. Ein selbstkritischer Gastronom wird sich daraufhin dezent mit einem Schnaps für das angerichtete Malheur entschuldigen und damit gleichzeitig echte Zuwendung ausdrücken. Bei einem passd scho auf dieselbe Frage und in derselben Situation ist höchste Vorsicht geboten, denn damit bringt der verärgerte Gast zum Ausdruck, dass er diesen Fraß nur zu sich nimmt, weil es im Umkreis von 100 Kilometern keine andere Nahrungsquelle gibt, er diese Wirtschaft aber trotzdem bei nächster Gelegenheit in die Luft sprengen wird.

Umso erstaunlicher ist es, dass hochrangige deutsche Politiker – in der Regel Nichtfranken – seit Monaten sowohl bassd scho wie auch eh scho Woschd in ihren aktiven Sprachschatz aufgenommen haben.

Das klingt dann zum Beispiel so: Die USA zapfen die Daten von Millionen deutscher Bürger an – bassd scho. Es ist durchaus möglich, dass die das nicht nur aus Terrorschutzgründen tun – bassd scho. Die US-Regierung hält das für völlig legitim unter Partnern – bassd scho. Die NSA hat seit zehn Jahren das Handy von Angela Merkel abgehört – bassd scho. Etz is eh scho Woschd.

Ja seid ihr Politiker denn noch bei Trost? So etwas kann man doch nicht einfach so stehen lassen – die nichtfränkischen Wähler und Wählerinnen könnten ja auf sonst was für Gedanken kommen! Es ist schön und gut, das Fränkische zur Landessprache erheben zu wollen, aber doch nicht, ohne zu tun, was ihr normalerweise am liebsten tut: Transparenz schaffen, aufklären, Bürger informieren!

Die Ratlosigkeit und das Befremden der meisten Deutschen angesichts eures scheinbar so lässigen Umgangs mit Datenklau und Lauschangriff werden vor diesem Hintergrund doch nur allzu verständlich. Es herrscht dringender Informations-, vor allem aber Übersetzungsbedarf! Der breiten Öffentlichkeit muss deutlich gemacht werden, dass bassd scho eine verdammt scharfe Drohung sein kann, so was wie ein verbalisiertes Fauchen, ein gereizter Tiger in Angriffsstellung, das leise Klacken des Riegels, bevor die Falle zuschnappt.

In Kombination mit dem fatalistisch angehauchten eh scho Woschd ist bassd scho nachgerade die schärfste aller möglichen Unmutsbekundung! Das muss auch der Schnüffelbrigade jenseits des Atlantiks aber erst einmal klargemacht werden. Und wenn die US-Datengeier dann immer noch nicht kapieren, dass sie ihre Finger gefälligst aus unseren Netzen rauszuhalten haben, könnt ihr immer noch ein gepflegtes Horch, Master! nachschieben, das sollte nun wirklich deutlich genug sein. Obwohl – Horch, Master? – das könnten die Amis schon wieder missverstehen.


 

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