Fröhlichkeit als Geschenk

8.10.2011, 19:00 Uhr
Fröhlichkeit als Geschenk

© Hans-Joachim Winckler

 

Alle Kirchweihen, auch die von St. Michael, haben ihren Ursprung in der Einweihung des Gotteshauses, also einem religiösen Fest. Haben Sie das Gefühl, dass es heute dabei nur noch um den Spaß geht?

 Sichelstiel: Kirche und Vergnügen widersprechen sich nicht, man kann vergnüglich feiern und dabei auch kirchlich sein. Vielen Menschen ist das auch heute bewusst und es ist die Frage, ob früher der rein kirchliche Aspekt wirklich so im Vordergrund gestanden hat.

 ((ContentAD))Wir haben also eine ganz falsche Vorstellung davon, was eine Kirchweih früher bedeutete?

 Sichelstiel: Sicher haben auch früher nicht alle aus reiner Überzeugung Kirchweih gefeiert. Ich denke da an die vielen Protokolle über Fälle von Trunkenheit. Aber die Pflege des Kirchenbewusstseins ist zurückgegangen, doch das ist ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Anderes hat oft Vorrang, aber das möchte ich gar nicht kritisieren. Ich freue mich, wenn die Menschen ihre kirchliche Teilhabe nach ihrem eigenen Rhythmus gestalten.

Was tut Ihre Kirchengemeinde, um den religiösen Aspekt der Kirchweih lebendig zu halten?

Sichelstiel: Es ist insbesondere der Festgottesdient, aber auch die Kindergärten beteiligen sich mit einer eigenen Vorfeier. Das ist ganz klar kirchlich ausgerichtet und die Kinder sollen dabei erfahren, dass Kirch-Weihe ist. Und seit einigen Jahren ist St. Michael auch beim Erntedankfestzug mit dabei.

 Aber bei Ihrer Frage fällt mir auch eine Anregung ein. Auf Plakaten und Werbeprospekten sollte auf jeden Fall die Kirche mit abgebildet sein – und nicht nur das Karussell oder der Rathausturm. Also sind es doch nur der weltliche Rummel und letztlich das Geschäft, was interessiert?

 Sichelstiel: Auch früher gehörte zur Kirchweih ein Erntedankmarkt, wo die Bauern ihre Waren verkauften. Aber zwei verkaufsoffene Sonntage heute dienen nicht der Kirchweih. Ich habe Verständnis für den Verkauf, aber dass Geschäfte an der Peripherie geöffnet haben, entspricht nicht dem Sinn und Zweck der Kirchweih.

 Bummeln Sie eigentlich auch gerne mal über die Kirchweih und was zieht sie besonders an?

Sichelstiel: Mir gefällt schon die Stimmung beim Auf- und Abbau oder auch der Vormittag, bevor alle Fahrgeschäfte und Buden öffnen – da ist die Stadt ganz anders als sonst. Ich bummle aber genauso gerne gerne durch die Gassen und gehe dort auch mal etwas essen. Kokoswürfel und gebrannte Mandeln mag ich besonders.

Und wie steht es mit rasanten Fahrgeschäften?

Sichelstiel: Am liebsten fahre ich Kettenkarussell, aber auch Autoscooter. Nur die ganz schnellen Fahrgeschäfte sind nichts für mich.

Wie erleben Sie ganz persönlich die Michaeliskirchweih insgesamt?

Sichelstiel: Gott sei Dank gibt es die Kirchweih! Miteinander zu feiern, gesellig und ausgelassen zu sein - da spürt man den Grund des Lebens und die Kirchweih hat etwas davon. In der Fröhlichkeit steckt nämlich auch ein Geschenk. Selbst viele, die aufgrund ihrer persönlichen Umstände traurig sind, gehen trotzdem hin. Es ist ein Fest für alle, nicht nur für die Schönen und Erfolgreichen und das finde ich toll!

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