"Fünf nach zwölf": Aufholjagd für eine bessere Pflege

13.8.2018, 21:00 Uhr

© Foto: OliverBerg/dpa

Nicht weniger als "eine radikale Wende der gesamten Gesellschaft" sei gegenüber der Pflege notwendig, "sonst fährt der Karren an die Wand", sagt Hermann Imhof. Hoffnung habe er aber trotzdem, wenn man eine ähnliche Aufholjagd hinlege, wie sie in den vergangenen Jahren bei der Kinderbetreuung zu erleben gewesen sei.

Die Gewährung eines Landespflegegelds für pflegende Angehörige und die Schaffung eines Landesamts für Pflege durch die Regierung in München seien richtige Schritte, aber könnten nur ein Anfang sein. "1000 Euro für Angehörige im Jahr sind nur eine Geste", meint Imhof. Hier müssten Staat und Gesellschaft weiter fördern, damit pflegende Angehörige – und dies seien in der Regel Frauen – nicht später selbst wegen fehlender Rentenpunkte unterversorgt sind.

Dass sich trotz aller Belastungen junge Leute mit viel Idealismus für den Pflegeberuf interessieren, stimme ihn optimistisch. Allerdings müsse man sich klar darüber sein, dass die Jungen nicht mehr so arbeiten möchten wie die heute Über-50-Jährigen. "Und das mit Recht", findet Imhof.

Dabei sei eine bessere Bezahlung ein, aber sicher nicht der einzige Hebel. Die Personalausstattung müsse insgesamt verbessert und die Dokumentationspflichten, die rund 30 Prozent der Arbeitszeit vereinnahmen, spürbar reduziert werden. "Anständige Löhne zu bezahlen, ist eine Frage der Ethik", so Imhof, der an diesem Punkt besonders das Engagement von Caritas, Diakonie, Rotem Kreuz und Arbeiterwohlfahrt hervorhob. Auch würden diese Pflegenachwuchs ausbilden, der ihnen dann häufig von anderen Betreibern abgeworben werde. Fachkräfte aus dem Ausland könnten kurzfristig, aber sicher nicht auf Dauer für eine Entlastung sorgen: "Wir können nicht langfristig Pflegekräfte in ganz Europa abgrasen, weil auch dort die Gesellschaften älter werden und brauchen auch nicht glauben, danach kommt jemand aus Asien, Afrika oder Südamerika und wird die Mama schon pflegen."

Als einen Lichtblick für bestehende Pflegehäuser bezeichnet Imhof die Wiedereinführung eines Investitionskostenzuschusses durch den Freistaat. 60 Millionen jährlich sollen nun einen Innovationsschub befördern, hofft der CSU-Politiker, der die einst unter Ministerpräsident Stoiber beschlossene Streichung der Zuschüsse deutlich kritisierte. Verbessere man all diese Rahmenbedingungen, "dann kommen auch die jungen Leute wieder, denn die Pflege ist im Grunde ein wunderbarer Beruf." Für Hermann Imhof sind Pflegekräfte "die Elite der Gesellschaft", weil sie all das vereinen, was benötigt werde: Fachkompetenz, Empathie, Konfliktfähigkeit und Zuwendungsorientierung.

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