Fürth: Schnelle Hilfe für Opfer von häuslicher Gewalt

20.1.2017, 06:00 Uhr
Fürth: Schnelle Hilfe für Opfer von häuslicher Gewalt

© Archivfoto: dpa

Am meisten freuen sich Julia Liebl und Kathrin Wondrak, wenn „ihre“ Frauen die ersten Schritte in die neue Freiheit gehen. Wenn sie den beiden Sozialpädagoginnen etwa davon erzählen, dass der Anruf beim Jugendamt gar nicht so schlimm war, wie befürchtet und sie bestärkt hat. Das mögen für Außenstehende kleine Schritte sein, für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen aber sind es große Hürden.

Sie zu überwinden, dabei soll die im September 2015 eingerichtete Interventionsstelle mit pro-aktivem Ansatz helfen. Die Idee: Bei einem Fall von häuslicher Gewalt in Stadt oder Landkreis Fürth geht die Polizei auf das Opfer zu und fragt, ob sie dessen Daten per Fax an die Interventionsstelle weitergeben darf. Innerhalb von drei Tagen nimmt dann eine der beiden Beraterinnen, die ihren Sitz im Fürther Frauenhaus haben, Kontakt mit der Betroffenen auf.

Im Gespräch geht es dann nicht nur darum, das Erlebte aufzuarbeiten, sondern eine Lösung für die Probleme zu finden und Adressen von Hilfsangeboten weiterzugeben. Bis zu drei Beratungen, telefonisch oder persönlich, stehen der Frau zu. Für einen Kontakt von Angesicht zu Angesicht — der vor allem sinnvoll ist, wenn es Sprachbarrieren gibt oder ein Dolmetscher benötigt wird — stehen die Räume des Multikulturellen Frauentreffs in der Moststraße zur Verfügung, da die Adresse des Frauenhauses geheim ist. Eine Kooperation, die laut Eva Göttlein, Vorsitzende des Fürther Frauenhauses, sehr gut funktioniert. „Der Multikulturelle Frauentreff liegt zentral und ist gut erreichbar.“ Ihn zu betreten, koste die Frauen außerdem weniger Überwindung als beispielsweise das Rathaus.

80 Prozent Zustimmung

Vor allem aber ist Göttlein überrascht, wie gut die Interventionsstelle angenommen wurde. Von September 2015 bis heute haben 168 Frauen, und damit 80 Prozent der Opfer, zugestimmt, dass ihre Daten weitergegeben werden und sie einen Anruf erhalten. Beratungen gab es sogar 248: Manche Frauen hatten mehr als einmal Kontakt zu den Sozialpädagoginnen vom Frauenhaus. Der Erfolg der Interventionsstelle hat dafür gesorgt, dass das bayerische Sozialministerium nicht nur die bezahlten Stunden von fünf pro Woche auf elf aufgestockt, sondern das Modellprojekt bis Ende 2018 verlängert hat.

Julia Liebl begrüßt das. Die leitende Sozialpädagogin am Fürther Frauenhaus, die sich die Arbeit in der Interventionsstelle mit ihrer Kollegin Kathrin Wondrak teilt, ist sich sicher, so auch Frauen zu erreichen, die sonst nicht den Mut hätten, Hilfe anzunehmen. „Viele Opfer sind traumatisiert oder schämen sich“, sagt Liebl. Sie würden es wohl nicht schaffen, von selbst anzurufen. Andere wüssten gar nicht um die vielen Angebote für betroffene Frauen. Unterstützen möchte man außerdem diejenigen, die zum ersten Mal in ihrem Leben Gewalt vom Partner erlebt haben. „Sie haben sich mit dem Thema noch nicht auseinandergesetzt und sind meist sehr hilflos.“

Bei drei der Frauen, die sich seit Einführung der Interventionsstelle beraten ließen, reichten Gespräche nicht aus. Sie mussten ihr vertrautes Umfeld aufgeben und suchten vorübergehend Schutz im Fürther Frauenhaus. Weil dessen fünf Plätze fast immer belegt sind, wurden einige Hilfesuchende bereits in andere Frauenhäuser vermittelt. Allerdings sind auch dort freie Zimmer immer öfter Mangelware. Ein weiteres Problem: Bezahlbarer Wohnraum ist ebenfalls nur schwer zu finden. In Fürth versucht man deshalb, die Männer dazu zu bewegen, aus der gemeinsamen Wohnung auszuziehen. Für sie sei es oft einfacher, eine neue Bleibe zu finden, als für eine alleinstehende Frau, die womöglich auch noch Kinder hat, sagt Göttlein.

Trotzdem war das Fürther Frauenhaus im vergangenen Jahr zu 98 Prozent ausgelastet. Auch 27 Jahre nach seiner Eröffnung, so Göttleins Fazit, sei es bitter nötig, um Frauen in Gewaltsituationen eine Zuflucht zu geben.

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