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Fürth startet mit Gutscheinen in die Schwimm-Offensive

22.7.2021, 12:00 Uhr
Fürth startet mit Gutscheinen in die Schwimm-Offensive

© Foto: Wolfgang Händel

Kein Sportunterricht an Schulen, ausgebremste Vereine, teilweise gesperrte Spielplätze: Kinder während der Pandemie in Bewegung zu bringen, war durchaus eine Herausforderung. Die Folgen allerdings könnten gravierend sein – Übergewicht und daraus resultierende Diabetes-Erkrankungen etwa.

Noch dramatischer sieht es allerdings wegen ausgefallener Schwimmstunden aus. Coronabedingt konnten viele Kinder nicht schwimmen lernen, weil Kurse und das Training an Schulen fehlten. In einer Notsituation am Wasser könnte es für sie schnell brenzlig werden: Ihnen droht der Tod durch Ertrinken.

Damit es soweit nicht kommt, will man im Fürther Rathaus nun schnell handeln. Einstimmig beschloss der Stadtrat einen Antrag der SPD, der eine "Schwimmförder-Offensive" anregte. Konkret heißt das: Die ausgefallenen Schwimmstunden der vergangenen eineinhalb Jahre sollen möglichst nachgeholt oder kompensiert werden – und zwar möglichst bald.

Das hat auch einen durchaus praktischen Grund. Momentan nämlich hat zusätzlich zum Fürther Freibad auch das Hallenbad geöffnet. Während es normalerweise in den Sommermonaten geschlossen ist, entschied man sich heuer dafür, es zwar nicht der Öffentlichkeit, aber Vereinen und Schwimmschulen zur Verfügung zu stellen – eben damit dort zusätzliche Kurse angeboten werden können.

Schulen wieder am Start

Bis Mitte September, so Bürgermeister Markus Braun, der kraft seines Amtes auch für den Sport zuständig ist, werde man dies nutzen. Danach wird es ungleich schwieriger, weil die Schulen wieder Becken belegen. Zumindest für die kommenden Wochen, so scheint es, ist das Problem, geeignete Kapazitäten zum Schwimmen zu finden, gelöst. Bleibt ein anderer dicker Brocken: Genügend Schwimmlehrer müssen her. Auch sie sind nämlich rar, weil sie oft nur ehrenamtlich im Einsatz sind.

Mit der Schwimmgemeinschaft (SG) sowie der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) in Fürth hat Braun schon Kontakt aufgenommen, ebenso mit der Schwimmschule, die seit Jahren Seepferdchen-Kurse für Schwimmanfänger im Hallen- und im Freibad am Scherbsgraben anbietet. Sie alle versuchen nun, genügend Kräfte für die nächste Zeit zu rekrutieren.

Mittelfristig möchte die Stadt versuchen, weiteres Personal zu finden, das idealerweise morgens und am Vormittag die Schulen beim Schwimmunterricht unterstützt, am Nachmittag dann die Vereine. Die Kosten könnte die Kommune tragen.

Auch darüber, Schwimmunterricht bereits in Kitas oder später im Hort anzubieten, hat man im Rathaus nachgedacht, ist dabei jedoch auf etliche Probleme gestoßen. Während es im Kindergarten vor allem an geeignetem Personal fehlen dürfte, bremst im Hort der streng geregelte Tagesablauf, in dem auch die Hausaufgaben erledigt werden müssen. Zwar gab und gibt es einige Einrichtungen, die den Schwimmunterricht ermöglichen, sagt Braun, doch das seien Ausnahmen.

Lobende Erwähnung findet etwa der Hort "Pfisterkiste" in der westlichen Innenstadt. Dort ging man einige Jahre lang ins Hallenbad am Scherbsgraben – bis die Finanzierung auslief. Sollte Interesse bestehen, dieses Projekt wieder aufleben zu lassen, werde man es unterstützen, so der Bürgermeister.

Unterstützung sollen auch Eltern erhalten, die ihren Nachwuchs zu Schwimmkursen anmelden – in Form eines Gutscheins über 75 Euro, den jedes Fürther Kind bei der Einschulung bekommt. In Erlangen steht sogar zur Debatte, dass die Stadt die Kosten komplett übernimmt. Bezahlen kann man mit den Fürther Gutscheinen auch eine neue oder eine bestehende Mitgliedschaft in einem der rund 20 teilnehmenden Vereine. Oder eben einen Seepferdchen-Kurs.

Ins Leben gerufen wurde die Aktion zum Schuljahr 2019/20. Damals hatte die Stadt noch 50 Euro für jeden ABC-Schützen spendiert. Bereits im zweiten Jahr wurde der Betrag aber auf 75 Euro angehoben, weil diese Summe bei vielen Vereinen den Jahresbeitrag ganz oder wenigstens nahezu abdeckt.


Fürth schnürt ein zweites Hilfspaket für Sportler


Ein Erfolg, so Julian Gutbrod vom Sportservice, der das Programm betreut, sei es vor allem zum Schuljahresstart, kurz vor Ausbruch der Pandemie, gewesen. Rund 100 der 1100 ausgegebenen Gutscheine seien bei einem Verein eingelöst worden. Im Vergleich mit anderen Kommunen, die ähnliche Konzepte anbieten, könne sich das gut sehen lassen. Im laufenden Schuljahr wurden hingegen, wohl pandemiebedingt, nur 50 Gutscheine genutzt.

Willkommene Unterstützung

Eine ähnliche Idee hat nun die bayerische Staatsregierung. Sie beschloss unlängst, dass Grundschüler zum kommenden Schuljahr 30 Euro Zuschuss für eine neue Mitgliedschaft in einem Sportverein bekommen sollen, Erstklässler und Vorschulkinder 50 Euro für einen Schwimmkurs.

Das könnte einerseits natürlich für mehr Bewegung bei den Kindern sorgen, andererseits auch die Vereine unterstützen, die in den Pandemie-Monaten kaum neue Mitglieder rekrutieren konnten.

Eine Stoßrichtung, die Braun begrüßt, auch wenn er einige Schwachstellen ausgemacht hat. So kritisiert er, dass die Gutscheine nur für neue Mitgliedschaften, nicht für bereits bestehende verwendet werden dürfen. "Wer schon im Verein ist, wird dafür eigentlich bestraft, weil er nichts bekommt."

30 Euro deckten außerdem nicht einmal annähernd den Jahresbeitrag eines Vereins ab, der meist mehr als doppelt so hoch liege – und auch 50 Euro für einen Schwimmkurs hält der Sportbürgermeister bei weitem nicht für ausreichend. Außerdem vermisst er bislang eine detaillierte Ansage der Staatsregierung, vieles bleibe noch im Unklaren.

In Fürth hat man derweil nachgebessert: Gutscheine, die zum vergangenen Schuljahr ausgegeben wurden, können auch jetzt noch bei Sportvereinen eingelöst werden. Ihre Gültigkeit wurde wegen der Pandemie verlängert.

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