Fürther Ärzte warnen: Aufschub von Behandlungen ist riskant

24.5.2020, 12:47 Uhr
Fürther Ärzte warnen: Aufschub von Behandlungen ist riskant

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Zu dieser "dringenden Bitte" hat sich die KVB entschlossen, weil die Zahl der Arztbesuche seit Ausrufung des Katastrophenfalls signifikant zurückging. Fürther Mediziner bestätigen das und beobachten eine vorerst zaghafte Rückkehr zur Normalität.

"schwere Kollateralschäden"

"Die Lage hat sich nur leicht entspannt", sagt Dr. Richard Sohn, Allgemeinarzt und stellvertretender Vorsitzender des Ärztenetzes Fürth. Wie berichtet, haben Fürther Ärzte wegen des Ausbleibens insbesondere chronisch Kranker bereits Alarm geschlagen. "Wir befürchten schwere Kollateralschäden", sagte Sohn im April im FN-Interview. Es gehe nicht um wirtschaftliche Interessen seiner Zunft, betont er auch.

Die KVB wartet nun in einem Positionspapier mit Zahlen auf. Seit der Ausrufung des Katastrophenfalls Mitte März laufe die ambulante Versorgung zwar weiter, heißt es darin. Doch zeige eine erste Analyse der Abrechnungsdaten, dass in den letzten beiden Märzwochen im Vergleich zu 2019 deutlich weniger Menschen behandelt wurden.

Bei Hausärzten wurde demnach knapp ein Drittel weniger Grundleistungen abgerechnet, bei den Früherkennungen kam es sogar zu einem Rückgang um 80 Prozent. Zwar fielen auch Leute weg, die sonst wegen jedem Wehwehchen zum Arzt gehen, räumt Sohn ein. Wenn aber Tumore, Bluthochdruck, Stoffwechsel- oder Zuckerkrankheiten nicht beizeiten bemerkt werden, sei das "sehr heikel" und "langfristig bedrohlich für die Gesundheit". Herz- und Lungenpatienten erscheinen zwar allmählich wieder zu Kontrollen, so Sohn, doch seien vor allem die Älteren ängstlich und trauten sich kaum noch aus dem Haus.

Mutterschaftsvorsorge hat kaum gelitten

Bei den Fachärzten sind die Behandlungszahlen laut KVB zwischen 25 und 70 Prozent eingebrochen, bei Frauenärzten etwa fast alle Leistungen um 50 Prozent zurückgegangen, nur die Mutterschaftsvorsorge habe kaum gelitten.

Der Fürther Frauenarzt Dr. Ulrich Schwiersch, bei dem inzwischen "fast wieder Normalbetrieb" herrscht, bestätigt: Schwangere seien zwar besorgt, aber, beruhigt durch die neuen Sicherheitsmaßnahmen, konstant erschienen. Termine zur Krebsvorsorge indes hätten viele Patientinnen auf später verschoben.

Bei Kindern und Jugendlichen geht der KVB zufolge die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9 zurück. "Das ist leider wirklich so", kommentiert das Dr. Aysen Aksungur, Inhaberin des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) Kinder- und Jugendärzte Fürth. Sie sorgt sich "um die Unversehrtheit" der Jüngsten. Wegen der nachlassenden Konsultationen würden eventuell Seh-, Hör- und Entwicklungsstörungen, aber auch Misshandlungen nicht erkannt. Auch die sinkende Zahl der Impfungen insbesondere gegen Tetanus, Masern und Zecken beunruhigt Aksungur.

Mit Schutzausrüstung

Bei den Augenärzten, so die KVB, seien die Grundleistungen um zwei Drittel geschrumpft und in gleichem Maß ambulante Operationen. Auch die Ober Scharrer Gruppe (OSG), bundesweit aktiv in der Augenheilkunde, ließ dieser Tage verlauten, viele Patienten hätten ihre Termine verschoben oder abgesagt. Auf Nachfrage sagte Dr. Thomas Will, Ärztlicher Leiter des MVZ Fürth der OSG, aus Fürsorge habe man aber auch lenkend agiert.

Gerade in der Anfangsphase, als viele Hygienevorkehrungen erst an die neue Lage angepasst werden mussten, wurden demnach auch von der Praxis Termine abgesagt, darunter die eine oder andere Operation am Grauen Star bei älteren Leuten, die der Covid-19-Risikogruppe angehören. Dies sei natürlich nur erfolgt, betont Will, wenn dem Patient dadurch kein Schaden drohte. Flankiert von Sicherheitsvorkehrungen – unter anderem werde immer gut gelüftet und jeder Patient beim Betreten der Praxis auf Erkältungssymptome geprüft – fährt das MVZ seit Mitte Mai wieder hoch.

Die Praxen sind und werden mit Schutzausrüstung ausgestattet, versichern KVB und Frauenarzt Schwiersch, der während des Katastrophenfalls die ambulante medizinische Versorgung in Fürth koordiniert. Es gebe keinen Grund, notwendige medizinische Untersuchungen aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu verschieben. Das Telefongespräch vorab bietet nach Überzeugung von Augenarzt Will eine gute Gelegenheit, abzuklären, ob und wann ein Praxisbesuch nötig ist.


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