Fürther Geschichte in Trümmern

22.4.2012, 13:00 Uhr
Fürther Geschichte in Trümmern

© Horst Linke

Er hatte leichtes Spiel. Das im späten 19. Jahrhundert noch als Glaspoliermühle und bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts zu Wohnzwecken genutzte Baudenkmal ist mangels Unterhalt zusehends verfallen. Die Quecksilberbelastung von Mauerwerk und Gebälk hätte einen hohen Sanierungsaufwand erforderlich gemacht.

Als das Gebäude bereits leer stand, richtete ein Brand hohen Schaden an. Den Witterungseinflüssen war das zweigeschossige Fachwerkhäuschen mit Erdgeschoss aus Sandstein fortan ungeschützt ausgesetzt. Parallelen zum ältesten deutschen Lokschuppen aus dem Jahre 1860 hinter dem U-Bahnhof Stadtgrenze drängen sich auf. Dessen Bausubstanz verfällt rapide, nachdem das großflächig eingebrochene Dach nicht einmal notdürftig abgedichtet wird. Für die eigentlich denkmalgeschützte Untere Mühle hat die Stadt schon vor Jahren eine unbefristete Abbruchgenehmigung nach dem Denkmalschutzgesetz erteilt. Hier war ein weiterer Brückenschlag für Fußgänger über die Pegnitz geplant. Der jetzige Abriss steht jedoch in keinem Zusammenhang mit einer neuen Nutzung des Grundstücks, wie Immobilien- und Bauunternehmer Ludwig Schick aus Freystadt bei Neumarkt auf Anfrage der Fürther Nachrichten versichert. Seine Firma hat vor rund fünf Jahren das Wolfsgruberareal erworben.

Den Zeitpunkt des Abbruchs begründet Schick mit Naturschutzbestimmungen. Weil auch der Baumbestand auf dem 6900 Quadratmeter großen Mühlengrundstück ausgelichtet wurde, mussten Termine der Vogelbrut berücksichtigt werden. Ein späterer Abriss hätte Probleme bereitet. An der geplanten Wohnnutzung des 18 Meter hohen Klinkerbaus der Mühle hat sich nach Schicks Worten mangels Alternativen nichts geändert.

Wie berichtet, war die geplante Aufstockung des Gebäudes um sieben bis acht Meter für Loftwohnungen am Widerstand von Nachbarn in historischen Gebäuden gescheitert. Die Stadt, die dem Investor mit einem Bauvorbescheid bereits grünes Licht gegeben hatte, musste die Prozesskosten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Ansbach tragen.

Der Klinkerbau ohne Zwischenböden ist 1948 anstelle eines kleineren Gebäudes aus dem Jahre 1913 hochgezogen worden, das 1943 einen Bombentreffer abbekommen hatte. Eine Abbruchgenehmigung für den Klinkerbau ist inzwischen wieder erloschen. Zerschlagen haben sich nicht nur Pläne für ein Multiplexkino, sondern auch für ein Dienstleistungszentrum und ein Seniorenheim. Probleme für eine Wohnnutzung bereiten die Erschütterungen, die von der Turbine der privaten Wasserkraftanlage am Stauwehr ausgehen.

Stadtheimatpfleger Alexander Mayer sieht im Abriss der Unteren Mühle einen schmerzlichen Verlust für die Stadtgeschichte. Denn anschaulicher als alle schriftlichen Dokumente könnten Bauwerke Zeugnis von der Historie ablegen. Und hier besonders die Mühlen. Dank ihrer Energie waren sie einst die Wirtschaftszentren der Kommunen. Am Beispiel der Unteren Mühle zeigt sich für den Heimatpfleger zudem die enge Verzahnung der Bereiche Wohnen und Arbeiten. Alle Bemühungen, die Investoren zum Erhalt des historischen Gemäuers zu bewegen, hatten jedoch keinen Erfolg.

 

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