Konflikt in der Gustavstraße

Fürther Lärmstreit: Gericht durchkreuzt wohl Pläne der Stadt - wegen Formfehler

Claudia Ziob

Lokalredaktion Fürth

E-Mail zur Autorenseite

9.12.2022, 17:10 Uhr
Er hatte auf ein anderes Ergebnis gehofft: Oberbürgermeister Thomas Jung berichtete am Freitagnachmittag in der Fürther Gustavstraße, wie die Verhandlung am VGH gelaufen ist.

© Hans-Joachim Winckler, NN Er hatte auf ein anderes Ergebnis gehofft: Oberbürgermeister Thomas Jung berichtete am Freitagnachmittag in der Fürther Gustavstraße, wie die Verhandlung am VGH gelaufen ist.

Seit zehn Jahren befassen sich Richter bereits mit dem Lärmstreit in der Fürther Gustavstraße, 34 Gerichtsverfahren hat das Rechtsamt der Stadt Fürth seitdem bearbeitet. Einzelne Hausbesitzer, die inzwischen nicht mehr in der Altstadt wohnen, wollten sich auf diesem Weg mehr Ruhe erkämpfen.

Es ging unter anderem "um die Größe von Außenschankflächen, um Sperrzeiten, beliebte Veranstaltungen wie Weinfest und Grafflmarkt und zuguterletzt um die Änderung des Bebauungsplans 001, die der Stadtrat 2018 beschlossen hatte", wie das Rathaus vor der Verhandlung in einer Pressemitteilung aufzählte. Von der Änderung erhoffte sich die Stadt einiges - nun muss sie sich darauf einstellen, dass der neue Bebauungsplan für die Altstadt gescheitert ist.

Von einem "bitteren" Ergebnis sprach Oberbürgermeister Thomas Jung bei einem Pressetermin am Nachmittag in der Fürther Gustavstraße. Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) in München wird zwar voraussichtlich erst am Mittwoch vorliegen, doch die Signale waren in der eineinhalbstündigen mündlichen Verhandlung offenbar eindeutig. Jung hatte selbst daran teilgenommen, zusammen mit dem städtischen Rechtsreferenten Mathias Kreitinger, der Anwältin der Stadt sowie Vertretern des Rechts- und des Stadtplanungsamts.

Gericht sieht einen "formellen Fehler"

Aus Sicht des Gerichts ist der neue Bebauungsplan wegen eines "formellen Fehlers" nicht zulässig, erklärte Jung. Die Änderung scheitere an einer Klausel, die die Stadt eingebaut hatte: Sie wollte zur Vorgabe machen, dass jeder, der ein neues Lokal in der Altstadt eröffnet, ein Lärmschutzgutachten erstellen lassen muss. "Das war zum Anwohnerschutz gemeint", sagt Jung. Auch das Gericht habe die "gute Absicht" mehrfach anerkannt - aber es machte auch klar: Im Bebauungsplan dürfe so eine Klausel nicht stehen. Das sehe das deutsche Recht nicht vor. "Wir können nur ein Urteil erwarten", sagte Jung daher betrübt.

Mit dem neuen Bebauungsplan wollte die Stadt weitere Einschnitte in der Altstadt verhindern und wieder etwas mehr Spielraum bei den Regelungen für Sperrzeiten und Festen gewinnen. Der alte Bebauungsplan von 1988 sieht nämlich einen "besonderen" Anwohnerschutz vor; demnach dürfen dort keine neuen Lokale eröffnet werden. Den Schutz stutzte die Kommune 2018 aufs in Deutschland geltende Normalmaß. "Damit sollte die behutsame Entwicklung der weit über Fürth hinaus bekannten Straße mit ihrer traditionellen Mischung aus Gastro, Einzelhandel und Wohnen inmitten der Altstadt stabilisiert und gesichert werden", so das Rathaus. Wird der neue Plan gekippt, gilt wieder der besonders hohe Anwohnerschutz.

Die Klage gegen die Änderung hatte ein einziger Beschwerdeführer eingebracht. Es war das letzte Gerichtsverfahren, das noch entschieden werden musste. Der Tenor der Entscheidung wird am Mittwoch erwartet, das ausführliche schriftliche Urteil dann erst etwas später.

In den vergangenen Jahren ist es ruhig geworden um den Streit. Die Lärmsituation rund um die Gustavstraße hat sich - nicht zuletzt durch die gerichtlich erstrittenen Einschnitte - geändert. Und nach den ersten nervenzehrenden Jahren des Streitens bemühten sich Stadt und Kläger längere Zeit hinter den Kulissen um einen Kompromiss.

Im Herbst 2019 fand in Fürth der erste Grafflmarkt seit Juni 2014 statt, bei dem das Rathaus keine Klage fürchten musste. Heuer kehrte auch das Weinfest zurück, das dem Konflikt 2014 zum Opfer gefallen war.

Was es für Kneipen und Gäste bedeuten würde, wenn wieder der Bebauungsplan von 1988 gilt, und ob mit einem zweiten Anlauf zur Änderung zu rechnen ist, lesen Sie mit Digital-Abo unter nn.de

5 Kommentare