Fürther Stadion: Kiebitz-Fall steckt voller Ungereimtheiten

3.7.2012, 22:00 Uhr
In der gleichen Saison sorgte der Plan der SpVgg, in der Südstadt ein komlett neues Stadion für bis zu 30.000 Zuschauer zu errichten, für Aufregung. Kurz darauf ließ die SpVgg den Plan aber fallen. Bis 2040 will das Kleeblatt nun mindestens im Ronhof spielen, der allerdings weiter modernisiert werden soll.

© Wolfgang Zink In der gleichen Saison sorgte der Plan der SpVgg, in der Südstadt ein komlett neues Stadion für bis zu 30.000 Zuschauer zu errichten, für Aufregung. Kurz darauf ließ die SpVgg den Plan aber fallen. Bis 2040 will das Kleeblatt nun mindestens im Ronhof spielen, der allerdings weiter modernisiert werden soll.

Am Anfang war allgemeines Frohlocken. Als die Spielvereinigung Ende März — nach einem Artikel in den FN — ihre Stadionpläne der Öffentlichkeit präsentierte, strahlten die Vereinsführung, ihr Investor, der Oberbürgermeister und der Grundstücksverkäufer noch Schulter an Schulter um die Wette. Der Durchbruch des Vorzeigeklubs in eine neue wirtschaftliche Dimension schien alle Beteiligten glücklich zu machen. Dann kam der Kiebitz.

Befürchtungen, das ganze Vorhaben könnte ins Stocken geraten, äußert derzeit niemand, zumindest nicht öffentlich. Dennoch herrscht hinter den Kulissen rege Betriebsamkeit, um genau dem vorzubeugen. So plant die Stadt, das Fünf-Millionen-Euro-Darlehen, das Stadion-Bauherr Thomas Sommer für den Kauf des Grundstücks an der Johann-Zumpe-Straße aufnehmen will, mit einem sogenannten Andienungs- und Vorkaufsrecht abzusichern.

Im Klartext: Falls Sommer wegen der geschützten Vogelarten auf dem Brachgelände im Gewerbegebiet am Main-Donau-Kanal nicht wie beabsichtigt bauen kann, springt die Stadt als Rückkäufer der 62000 Quadratmeter großen Fläche ein. Sie übernähme also Sommers Risiko.

Gleichzeitig wäre gewährleistet, dass Mederer bald an Geld kommt, das er nach eigener Aussage dringend braucht — unter anderem, um infolge des Umzugs seiner Fruchtgummi-Produktion nach Mecklenburg-Vorpommern den Sozialplan für die in Fürth entlassenen Beschäftigten zu finanzieren.

Noch kein schriftlicher Kaufvertrag da

Nach wie vor gibt es keinen schriftlichen Kaufvertrag zwischen Sommer und Mederer. Und glaubt man dem Trolli-Chef, ist das nicht ganz unbedeutend für den verzwickten Lauf der Ereignisse, der sich nach FN-Recherchen so darstellt:


Bereits am 26. März, also nur vier Tage nach der offiziellen Vorstellung des Stadionprojekts, wird die Stadt von Umweltschützern über brütende Vögel an der Johann-Zumpe-Straße informiert. Danach findet laut Rechtsreferent Christoph Maier eine Referentensitzung statt, in der Oberbürgermeister Thomas Jung signalisiert, er werde Mederer über die Problematik in Kenntnis setzen – was offensichtlich nicht geschieht. Am 25. April kommt das gleiche Thema bei einer Zusammenkunft von Sommer mit Vertretern der Stadt sowie der SpVgg zur Sprache. Mederer ist nicht dabei.

Kurz darauf beauftragt die SpVgg das Büro Opus in Bayreuth damit, ein vogelkundliches Gutachten zu erstellen. Kosten: 6000 Euro. Opus-Leiter Franz Moder sagt: „Grundsätzlich ist das Gebiet für den Vogelschutz wertvoll. Es ist aktuell nicht völlig zerstört. Es geht um Schäden. Wir stecken mitten in der Prüfung.“

Am Freitag, 8. Juni, telefoniert Investor Thomas Sommer mit einem leitenden Mitarbeiter Mederers. Dabei teilt Sommer seine Bedenken hinsichtlich des Vogel-Problems mit. Der Mitarbeiter informiert daraufhin den Trolli-Chef persönlich.

Am nächsten Tag beginnt eine Baufirma, auf dem Grundstück „Nivellierarbeiten“ (Mederer) durchzuführen. Die Firma ist eigentlich im Verzug. Mederer hat den Auftrag schon vor längerer Zeit erteilt. Der Grund: „Wir haben gedacht, wir müssen das vorher in einen planen Zustand versetzen, dann gibt‘s (für Sommer, die Red.) keinen Grund, nein zu sagen.“ Mederer treibt die Angst um, der Investor könnte trotz des per Handschlag am 14. März vereinbarten Grundstückskaufs einen Rückzieher machen. Er ruft am Sonntag., 10. Juni, aufgeregt OB Jung an. Danach beginnen sich die Darstellungen der Beteiligten zu widersprechen — zum Teil erheblich.

Da war noch alles in Butter: Trolli-Chef Herbert Mederer, OB Thomas Jung, Peter M. Endres (Vorstandsvorsitzender Ergo Direkt Versicherungen), SpVgg-Vizepräsident Holger Schwiewagner (hinten von links) sowie Stadion-Investor Thomas Sommer (vorne links) und SpVgg-Präsident Helmut Hack bei der Vorstellung des Stadion-
 Projekts.

Da war noch alles in Butter: Trolli-Chef Herbert Mederer, OB Thomas Jung, Peter M. Endres (Vorstandsvorsitzender Ergo Direkt Versicherungen), SpVgg-Vizepräsident Holger Schwiewagner (hinten von links) sowie Stadion-Investor Thomas Sommer (vorne links) und SpVgg-Präsident Helmut Hack bei der Vorstellung des Stadion- Projekts. © Wolfgang Zink

Während Mederer energisch beteuert, der Rathaus-Chef habe ihn am Telefon mit keinem Wort über ein Verbot für Erdarbeiten aufgeklärt, behauptet Jung: „Ich habe ihm gesagt, das geht nicht, wenn da Naturraum zerstört wird.“

„Das ist doch Sache der Stadt“

Am Montag weist Rechtsreferent Maier nach eigener Aussage den leitenden Mitarbeiter Mederers „unmissverständlich“ auf rechtliche Konsequenzen hin, falls der Radlader weiter im Einsatz sei. Mederer dagegen beteuert, es habe an diesem Tag keinen Informationsaustausch zwischen der Stadt und der Firma Trolli gegeben. Am späten Dienstagvormittag beobachtet eine städtische Bedienstete, wie auf dem umzäunten Gelände erneut Erde bewegt wird.

Fast zeitgleich treffen im Rathaus Mederer, Sommer, SpVgg-Vizepräsident Holger Schwiewagner, Rechtsreferent Maier und Baureferent Joachim Krauße und der OB zusammen. Seit der Entdeckung der Vögel sind zweieinhalb Monate vergangen. Mederer will erst bei diesem Termin erfahren haben, dass sein Tun eine heftige Strafe nach sich ziehen kann.

Eine Woche später berichtet eine Mitarbeiterin der unteren Naturschutzbehörde, dass trotz der Anordnung die Arbeiten einzustellen, weitere Teile des Geländes eingeebnet worden seien. Spätestens jetzt steht der Trolli-Chef unter Verdacht, grob fahrlässig oder sogar vorsätzlich gehandelt zu haben. Mederer sagt, er habe keine weiteren Arbeiten befohlen. Das mit einer Kette versperrte Eingangstor sei von Unbekannten gewaltsam geöffnet worden.

In einem ausführlichen Gespräch mit den FN fragt Mederer empört: „Warum bekam ich kein Schreiben von der Stadt? So lange ich nicht weiß, was ich tun darf, begehe ich keinen Fehler.“ Rechtsreferent Maier meint, der „Vorhabensträger“ hätte Mederer informieren sollen. Vorhabensträger, also Stadionplaner, ist die SpVgg. Vizepräsident Schwiewager kontert überrascht. „Das ist doch Sache der Stadt.“ Genauso uneins sind sich alle Beteiligten übrigens bei der Frage, wer für die Ausgleichsflächen, auf die Kiebitz & Co. umziehen sollen, bezahlt. Es gibt also noch viel zu klären, bevor in der Südstadt der Ball rollt.

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