Fürths Bürgermeister: Schulen sollten Corona-Regeln lockern

26.6.2020, 06:00 Uhr
Ende April kehrten die Abschlussklassen an die Schulen zurück. Die Abstands- und Hygieneregeln gelten weiter.

© Hans-Joachim Winckler Ende April kehrten die Abschlussklassen an die Schulen zurück. Die Abstands- und Hygieneregeln gelten weiter.

Halbierte Klassen, Abstandsregeln, Maskenpflicht: Der Unterricht läuft seit Wochen mit angezogener Bremse – und so soll es auch noch bis zum Start der Sommerferien Ende Juli weitergehen. Zu Beginn des neuen Schuljahrs Mitte September, so stellt es das bayerische Kultusministerium inzwischen in Aussicht, kann eine Rückkehr zum Normalbetrieb infrage kommen.


Halbe Klasse in Quarantäne: Corona-Fälle an zwei Fürther Schulen


Soll heißen: Alle Kinder gehen wieder in ihre Bildungseinrichtungen, der Mindestabstand von 1,5 Metern fällt weg, und bei der Vermeidung von Infektionen soll ein entsprechendes Hygienekonzept helfen.

Zu spät findet das Bürgermeister und Schulreferent Markus Braun, und ähnlich gehe es vielen Fürther Lehrern und Schulleitern, mit denen er immer wieder im Gespräch ist. Braun hätte sich gewünscht, dass man diese Maßnahmen bereits jetzt testet. Die letzten beiden Schulwochen im Juli, also kurz vor Ferienbeginn, hätte er sich dafür vorstellen können. "Ich fände es gut, wenn man diese neue Normalität vorab schon mal ausprobieren würde", sagt Braun. Zumal er die strikte Trennung der Kinder in den Klassenzimmern nicht mehr für sehr sinnvoll hält, wenn andernorts immer mehr Lockerungen an der Tagesordnung sind.

Horte machen wieder auf

Ab dem 1. Juli nämlich öffnen die Horte wieder für alle Kinder – noch dürfen nur die hin, die eine Berechtigung für die Notgruppe haben, und die, die an dem Tag auch Unterricht in der Schule hatten. "Warum muss man die Schüler immer noch separieren, wenn sie im Hort alle zusammenkommen, sich auf dem Spielplatz treffen oder im Fußballverein?", fragt sich Braun.

Während also anderswo eine starke Durchmischung stattfinde, sei es in der Schule nicht einmal erlaubt, dass sich Schüler ein Arbeitsblatt gegenseitig ausleihen – aus Angst vor einer Ansteckung. Nicht nachvollziehbar ist diese Situation für den Schulreferenten, der dafür plädiert, es Baden-Württemberg gleichzutun.

In dem Bundesland, an dem Bayern sich hierzulande in Sachen Bildung gern orientiert – auch, weil die Ferienzeiten identisch sind – startet der Normalbetrieb am kommenden Montag. Vier Wochen bleiben dann, um herauszufinden, wie sich das auf die Infektionszahlen auswirkt.

Die Zahlen werden dann wohl steigen

Dass dieses Experiment die Zahl der Corona-Fälle steigen lassen könnte, glaubt auch Braun. Zugleich sieht er aber, dass ja auch die derzeitige Regelung nicht alle Infektionen verhindern kann. Erst in dieser Woche war der Erreger bei Geschwistern an einer Fürther Grund- und einer Mittelschule nachgewiesen worden. Mit einer Testphase im Juli ließe sich die darauffolgende sechswöchige Ferienpause nutzen, um das Infektionsgeschehen zu beobachten und gegebenenfalls bis September nachzujustieren.

"Wir müssen lernen, damit umzugehen", sagt Braun, der bei Infektionen konsequent die Ansteckungsketten aufspüren will, um dann einzelne Klassen oder schlimmstenfalls die Bildungseinrichtung zu schließen. Auch die Zahl der Tests bei Lehrern möchte er erhöhen. Sie sollten regelmäßig auf das Virus überprüft werden, ähnlich wie das bei Pflegepersonal in Seniorenheimen bereits der Fall ist. Über Testreihen bei den Schülern denkt Braun ebenfalls nach.

Einen flächendeckenden Shutdown, wie es ihn jetzt gab, gelte es aber in jedem Fall zu vermeiden. "Ein weiteres solches Schuljahr verkraften wir nicht", warnt er. Bildungsforscher gingen bereits jetzt davon aus, dass die Schäden, die die Schulschließungen verursacht haben, noch in 50 Jahren zu spüren sein werden.


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