Gemischte Reaktionen auf "Ringbahn-Express" nach Fürth

17.2.2019, 16:19 Uhr
Gemischte Reaktionen auf

© Hans-Joachim Winckler

Diskussionen um diese Frage flammen seit Jahren immer wieder auf: Ließe sich der nördliche Teil einer einst ringförmig um Nürnbergs Innenstadt angelegten Bahnlinie nutzen, um Fahrgäste von West nach Ost und zurück zu befördern? Für Züge aus Cadolzburg und Zirndorf (Rangaubahn) wäre dann nicht mehr in Fürth Endstation. Sie könnten weiterfahren: über Muggenhof, Wetzendorf, Thon, den Nürnberger Nordostbahnhof und Heroldsberg nach Gräfenberg (Kreis Forchheim). Dasselbe wäre für die Zenngrundbahn denkbar, die Markt Erlbach, Wilhermsdorf und Langenzenn mit den Hauptbahnhöfen Fürth bzw. Nürnberg verbindet.

"Beim Blick von oben auf das Nürnberger Nahverkehrsnetz fällt auf, dass es im Norden keine leistungsfähige West-Ost-Verbindung gibt", sagte nun Nürnbergs SPD-Fraktionsvize Thorsten Brehm. Wer von Fürth zum Nordostbahnhof fahren will, müsse "die stark ausgelastete U-Bahn-Verbindung über den Plärrer und Hauptbahnhof" oder "den vergleichsweise langsamen Ringbus" nehmen.

Die Ringbahn-Trasse stammt aus der Zeit um 1900. Sie war 30 Kilometer lang, ist zum Teil erhalten, wird regelmäßig für den Auftank-Verkehr der Gräfenbergbahn genutzt und gilt als technisch befahrbar. Schon oft gab es Bestrebungen, sie für den Personenverkehr wiederzubeleben.

Gescheitert ist das bisher an den Kosten, unter anderem führten Berechnungen zum Kosten-Nutzen-Faktor zu widersprüchlichen Ergebnissen, "aber auch an der zurückhaltenden politischen Unterstützung der Staatsregierung", betont Brehm. Er folgert: "Wenn ein Komplettausbau durch den Freistaat derzeit nicht realisierbar ist, sollte er zumindest eine ,Express-Linie‘ von Fürth zum Nordostbahnhof ohne neue Haltepunkte prüfen lassen." Bei entsprechender Nachfrage könnten in einem zweiten Ausbauschritt Stationen in wachsenden Stadtteilen wie Thon oder Wetzendorf geschaffen werden. Profitieren würde dann auch der angedachte Campus für die Erziehungswissenschaften auf dem Ex-Schöller-Areal sowie der Firmen- und Forschungsstandort "auf AEG". In einem Antrag hat die SPD die Verwaltung der Noris jetzt beauftragt, das Gespräch mit Freistaat, VGN und Bahn zur Realisierung einer "Ringbahn-Express-Linie" zu suchen.

 

Nürnbergs Baureferent Daniel Ulrich hält den SPD-Vorschlag für "überaus interessant". Die Express-Route wäre seines Erachtens von "großem Nutzen", "schon heute machbar" — inklusive einem Halt in Höhe Rollnerstraße ("Nürnberg-Nord") — und relativ günstig, weil sie ohne Planfeststellungsverfahren auskäme.

"Nur ein erster Schritt"

Für Werner Schmidt, beim Verkehrsclub Deutschland (VCD) Sprecher des Ortsverbands Fürth, wäre der Express "nur ein erster Schritt". "Möglichst viele Haltepunkte" auf der Strecke sind für ihn zwingend, weil sie nicht nur Fahrgästen zugute kämen, die in den Landkreisen Fürth und Neustadt/Aisch leben und im Nürnberger Norden arbeiten, sondern auch den Anliegern. Für wichtig hielte Schmidt wegen der Nähe zum AEG-Gelände mit seinen Firmen und der Umsteigemöglichkeit in die U-Bahn einen Stopp in Muggenhof.

Der VCD, der sich seit langem für die Reaktivierung der Ringbahn einsetzt, hat laut Schmidt errechnet, dass rund 15 Millionen Euro investiert werden müssten, um die Strecke zunächst ohne Elektrifizierung für einen 30-Minuten-Takt fit zu machen. Größte Maßnahme wäre die Sanierung oder der Neubau der Ringbahn-Brücke über die Pegnitz bei Muggenhof. Der Zustand des Bauwerks erlaube aktuell nur Tempo 40, zu wenig für den gewünschten Takt.

Tobias Schmidt vom Vorstadtverein Nürnberg-Nord hält erhebliche Lärmschutzmaßnahmen an der dicht bebauten Strecke für nötig, will das Ganze aber "vertieft" geprüft wissen. Unterstützung signalisiert auch der SPD-Bundestagsabgeordnete und Bahnexperte Martin Burkert. Für die "Durchbindung" zwischen Nordostbahnhof und Fürth über die Ringbahn sei eine neue Bedarfsanalyse nötig. "Diese haben wir angesichts neuer städtebaulicher Entwicklungen im Nürnberger Norden vom Freistaat eingefordert, da wir von einem gestiegenen Bedarf ausgehen."

Im Fürther Landratsamt steht man dem Projekt Ringbahn skeptisch gegenüber. Auf Anfrage erklärte Behördensprecher Christian Ell, dass "unsere Fahrgäste meist das Ziel Nürnberg Hauptbahnhof haben und nicht die Ringbahnziele". Das Landratsamt mache sich daher weiter für eine bessere Direktverbindung von Zenngrund- und Rangaubahn zum Nürnberger Hauptbahnhof stark. Ell weist darauf hin, dass derzeit jeder zweite Zug der Zenngrundbahn dorthin durchfahre, und es ab Juni auch zwei durchgängige Verbindungen auf der Rangaulinie gebe. Um 5.17 Uhr starte dann am Hauptbahnhof Nürnberg ein Zug nach Cadolzburg, um 6.31 Uhr einer in der Gegenrichtung.

Der ÖPNV verliere mit jedem Umsteigevorgang an Attraktivität, sagt der Chef der Verkehrsplanung im Fürther Rathaus, Matthias Bohlinger, und bringt Kombinationen ins Spiel: Würde die Ringbahn reaktiviert, meint er, könnten Züge aus Cadolzburg und Markt Erlbach den Nordosten und den Nürnberger Hauptbahnhof im Wechsel ansteuern. Grundsätzlich begrüßt Bohlinger den angedachten Ringbahn-Express. Doch hält auch er ihn für ein "Einstiegsszenario", dem Haltestellen folgen müssten.

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