Gewalt im Amateurfußball: Was lässt sich dagegen tun?

18.12.2019, 16:00 Uhr
Gewalt im Amateurfußball: Was lässt sich dagegen tun?

© Jürgen Rauh/Zink

Auch wenn es sich dabei – entgegen dem ersten Eindruck – um einen Einzelfall handelte, ist klar: Jeder Fall von Gewalt im Fußball ist einer zu viel. Bei einer Podiumsdiskussion – eingeladen hatten der Bayerische Fußballverband (BFV) und die SpVgg Greuther Fürth – suchten im Sportpark Ronhof Abordnungen von mehr als 20 Amateurvereinen aus der Region gemeinsam mit Vertretern aus Sport, Politik und Medien nach Lösungsansätzen, um solche Auswüchse zu verhindern.

Nach den Worten von Polizeioberrat Klaus Wild nehmen Fälle von tätlichen Angriffen bis hin zu schwerer Körperverletzung auf Fußballplätzen nur scheinbar zu. Lediglich bei 0,029 Prozent der mehr als 243 000 Spiele in Bayern kam es in der vergangenen Saison zu nennenswerten Vorfällen mit Spielabbrüchen. "Die Zahlen sind zwar gering, aber die Vorgänge haben oft schwere Folgen." Wild meinte damit strafrechtliche Konsequenzen für Täter, aber auch negative Schlagzeilen für die betroffenen Vereine.

Wie differenziert man das Thema betrachten muss, ordnete NN-Sportredakteur Michael Fischer ein: "Die Zahlen sagen, dass es nicht mehr Vorfälle gibt als früher. Die mediale Berichterstattung hat aber zugenommen." Früher, so Fischer weiter, sei der Angriff auf einen Schiedsrichter ein Fall für eine Lokalzeitung gewesen, wegen Facebook und anderer sozialer Medien gebe es heute "eine ganz andere Betroffenheit". "Solche Videos, wie das aus Hessen, sind spektakulär und verbreiten sich heutzutage online ganz anders", pflichtete Marco Galuska vom Onlineportal fussballn.de bei.

Fischer betonte, er selbst kenne keinen Schiedsrichter, der sich über körperliche Gewalt beschwert hätte: "Die meisten sagen, die einzige Gewalt, die sie erfahren, sei verbale Gewalt." Dem schloss sich Benjamin Cortus, Bundesliga-Schiedsrichter vom TSV Burgfarrnbach, an. Bisweilen, so der 38-Jährige, werde er schon zwei Stunden vor Anpfiff in Stadien beschimpft – "was bringt Menschen dazu?", fragte er.

Darum ging es im Ronhof nicht, geklärt wurde aber die Frage, wie Vereine mit verbalen oder körperlichen Gewaltproblemen umgehen können. Hilfe bietet der BFV an, der über 25 Konfliktmanager verfügt, wie Frank Schweizerhof, Leiter der "AG Gemeinsam und Fair", erklärte: "Die Wirkung von Bannern ist begrenzt, wir brauchen konkrete Maßnahmen, die näher an den Vereinen sind." Wie sich zeigte, ist dieses Angebot aber weitgehend unbekannt: "Da müssen wir uns an die eigene Nase fassen und das unseren Vereinen noch flächendeckend vermitteln", sagte Bernhard Slawinski, ebenfalls vom BFV.

Unterstützung von der Stadt

Die Konfliktmanager sollen nicht erst eingreifen, wenn es bereits zu Problemen kommt, sondern den Vereinen vorbeugend zur Seite stehen. Die Bedeutung präventiver Arbeit schon in der Jugend strich Mirko Reichel heraus. Dem sportlichen Leiter des Nachwuchsleistungszentrums der SpVgg ist gleichwohl klar, dass die Voraussetzungen in Amateurvereinen grundsätzlich anders sind als bei den Profis. Ein großes Problem bei Prävention und Aufarbeitung stelle die Sprache dar, sagte Jürgen Loos, Abteilungsleiter des ASV Fürth, mit Blick auf Vereine, die sich um die Integration fremdsprachiger Spieler bemühten. Ein Problem, das auch die Politik erkannt habe, sagte Bürgermeister Markus Braun, in dessen Ressort der Sport in Fürth fällt. "Wir dürfen die Integration nicht ehrenamtlich geführten Vereinen überlassen, wenn das für professionelle Strukturen schon eine Herausforderung ist." Braun zeigte sich aufgeschlossen für die Idee, Vereine mit kommunalen Sozialarbeitern zu unterstützen.

Die Kommunikation zu verbessern, kristallisierte sich schnell als ein möglicher Lösungsweg heraus – auf allen Ebenen: zwischen Verband und Vereinen, zwischen Vereinen untereinander, im Zusammenspiel mit Schiedsrichtern, innerhalb von Mannschaften, aber auch mit Eltern im Jugendbereich.

Was die Diskussion auch zeigte: "Gewalt im Fußball" ist ein Problem der gesamten Gesellschaft. Es kann nur gelöst werden, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen: Vereine, Verband, Politik, Sport und Medien.

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