Gleitzeit für Unterrichtsbeginn: Selbst Schulleiter begeistert

13.4.2016, 06:00 Uhr
Gleitzeit für Unterrichtsbeginn: Selbst Schulleiter begeistert

© Foto: Marius Becker/dpa

Angelika Filz-Gumbmann muss keine Sekunde lang überlegen, wie sie zum Gleitzeitmodell des Gymnasiums Alsdorf steht: "Das finde ich genial!", sagt die Vorsitzende des Fürther Elternverbands. "Für meine Tochter war 8 Uhr immer ein Albtraum – ich hab’s live mitbekommen."

Und auch die Erlösung von den morgendlichen Qualen ist ihr in Erinnerung geblieben. Ihre Tochter war 16, 17 Jahre alt, als sie ein Jahr lang in den USA zur Schule ging – in eine Highschool, deren Unterricht um 8.45 Uhr begann. Als die Mutter zu Besuch kam, fiel ihr der Unterschied auf: "Es war traumhaft zu beobachten, wie entspannt sie in die Schule gehen kann!"

Oft schon wurde in Deutschland über die Vor- und Nachteile eines späteren Unterrichtsbeginns diskutiert. Geändert hatte sich nichts – bis jetzt, in Alsdorf. Das Gymnasium gehe als erste Schule in Deutschland auf die innere Uhr von Jugendlichen ein, lobt nun der Münchner Chronobiologe Till Roenneberg. Ihr Biorhythmus sei nämlich anders als bei Erwachsenen, der frühe Unterrichtsbeginn verursache einen "sozialen Jetlag".

Zumindest für seine Oberstufenschüler hat das Gymnasium Alsdorf eine Lösung gefunden: Sie können um 8 Uhr oder um 8.45 Uhr beginnen. Möglich macht es das Konzept der Schule, die sich am Dalton-Plan der amerikanischen Pädagogin Helen Parkhurst orientiert. Zehn Unterrichtsstunden pro Woche sind für eigenständiges Lernen – unter Aufsicht eines Lehrers – reserviert. Wer will, kann die erste Stunde dafür hernehmen. Wer lieber ausschläft, muss die Zeit später einplanen.

"Super" findet diesen Weg spontan auch Monika Götz, Leiterin der Grund- und Mittelschule Schwabacher Straße, das Konzept will sie sich mal genauer ansehen. "Ich glaub’, es gäbe auch viele Lehrer, die gern später anfangen würden." Ja, bestätigt sie lachend die entsprechende Nachfrage, sie gehöre dazu: "Ich bin eher eine Nachteule."

Götz unterrichtet Grundschulklassen, immer wieder wirken auch ihre Schüler müde, erzählt sie. Eine Stunde mehr Schlaf würde helfen. Doch gleichzeitig – das wäre der Nachteil – würde es den Schultag noch länger machen. Dabei sei jetzt schon für ältere Schüler manchmal erst um 17 Uhr Schluss. Götz kennt auch Eltern, die früh um 7 Uhr schon einen Hortplatz brauchen. "Das muss alles gut durchdacht sein", sagt sie.

Längerer Schulweg

Auch Schulreferent Markus Braun denkt an die Eltern der jüngeren Schüler: "Wenn beide berufstätig sind, wäre es schwierig für sie, wenn wir erst um 9 Uhr beginnen würden." Aber für Jugendliche sei das Problem ohnehin gravierender, meint er: Der Weg zur weiterführenden Schule ist meist länger, so dass man noch früher aufstehen muss als zur Grundschulzeit.

Ihm persönlich sei das nie schwer gefallen: "Ich bin Frühaufsteher, je früher desto besser." Als Schüler hätte er auch immer bevorzugt, früher anzufangen und früher nach Hause zu kommen: Nachmittags wollte er auf den Fußballplatz. Sein Sohn, der heuer Abi macht, ticke da schon anders.

Heinz Beiersdorfer, Leiter des Oberasbacher Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums, wüsste schon, was für ihn die Lösung wäre: ein Schultag wie in England. Dort hat er in den 80er Jahren gearbeitet, das System sei immer besser geworden. Vom Unterricht bis 17 Uhr hätten sich die Engländer längst verabschiedet, denn am Nachmittag lasse die Konzentration stark nach: "Später anfangen und früher aufhören", das ist für Beiersdorfer die Zauberformel. Von Gleitzeit hält er nichts.

Vorbild wäre ein Schultag, wie er an seiner früheren Schule in London aussieht: Um 8.30 kommen die Schüler an, richtig los geht der Unterricht um 8.50. 60 Minuten dauere eine Unterrichtsstunde, das sei ideal. Mittagspause ist von 13.10 bis 13.55 Uhr. Anschließend steht noch eine Stunde Unterricht an, danach ein Wahlfach. Um 15.55 Uhr beginnt die Freizeit.

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