Große Werke mit frischen Anstrich

30.4.2008, 00:00 Uhr
Große Werke mit frischen Anstrich

© Günter B. Kögler

Als Einstieg servierte das Nachwuchsorchester allerdings Barockes. Frisch, und auch in der Intonation erfreulich sicher, musizierten die jungen Musiker drei Sätze aus Händels Wassermusik. Dabei müssen sie die Konkurrenz mancher «großer» Laienorchester kaum scheuen.

Den Hauptteil eröffnete das Cellokonzert von Edgar Elgar (1857-1934). Mit Fleiß und Glück wurde der Autodidakt aus der Provinz zum musikalischen Heros des kolonialen England. Er hat ein umfangreiches kompositorisches Schaffen vorzuweisen, wurde aber vor allem populär durch den prunkvoll auftrumpfenden Zyklus «Pomp und Circumstance». Die Krönungsode für Edward VII. brachte ihm schließlich den Adelstitel.

Sein Cellokonzert aus dem Jahr 1919 zeigt allerdings einen anderen Komponisten. Das Werk ist geprägt von der Erfahrung des Ersten Weltkriegs und seines eigenen körperlichen Niedergangs. Bezeichnend für die Grundstimmung ist das schmerzlich-dramatische Rezitativ des Soloinstruments zu Beginn des 1. Satzes, das das Konzert auch beschließt. Während der vier Sätze des Konzerts hält das Cello sehr expressiv eine teils resignierende, teils aufbegehrende Zwiesprache mit dem Orchester.

Die Überraschung war der Solist: Benjamin Kolb, Jahrgang 1982, kein Berufsmusiker, sondern ein hochbegabtes Eigengewächs des Orchesters, allerdings mit einer soliden instrumentalen Ausbildung. Er gestaltete den Solopart mit ergreifendem Ausdruck und feinem Gespür für Dynamik, ohne dabei in falsches Pathos zu verfallen. Die nicht geringen technischen Anforderungen meisterte er beachtlich sicher. Ein enthusiastisches «Bravo» ertönte, kaum dass der letzte Ton verklungen war.

Nach der Pause stimmte das Orchester die Instrumente für Antonin Dvorak und dessen 8. Sinfonie in G-Dur. Als gelernter Metzger war auch er Autodidakt, jedenfalls zu Beginn seiner Karriere. Das anspruchsvolle Werk ist ein mitreißender Gang durch böhmische Gefilde und Gefühle und der populären «Aus der neuen Welt» durchaus ebenbürtig.

Bernd Müller ist als Dirigent der zweite Glücksfall für die «Streichhölzer» nach Christel Opp. Die Musik, das Orchester und er sind eine harmonische Einheit. Das Ensemble selbst hat einen hohen Leistungsstand erreicht.

Bei den Streichern hört man dies nicht nur, der Konzerterfahrene sieht es zudem. Die Bläser sind gut aufgestellt, auch wenn sie es bei «offenen Stellen» nicht immer leicht haben. Das Wichtigste aber ist: Die jungen Leute «machen Musik» und spielen nicht nur Noten. Und so vergisst der Hörer bei dieser beeindruckenden Leistung gerne, dass hier keine Profis am Werk sind. W. R.