Großes Entsetzen nach dem Überfall

5.2.2013, 11:13 Uhr
Großes Entsetzen nach dem Überfall

© Pfrogner

Als alles vorbei war, fiel die Bilanz der Polizei noch relativ glimpflich aus. Immerhin gab es offenbar keine Verletzten. Der Sachschaden aber war hoch, die Beamten schätzen ihn auf bis zu 40000 Euro.



Wie es ausgehen würde, wusste freilich noch keiner, als gegen 23.45 Uhr in der Einsatzzentrale zahlreiche Notrufe eingingen. In diesen Minuten spielten sich Szenen ab, die Roland Richter zu den schrecklichsten in seinem Leben zählt: „Das war wie im Bürgerkrieg, überall rote Flammen“. Der 44-jährige Fürther fuhr einen der Fanbusse, die auf der Heimfahrt vom Auswärtsspiel in Gelsenkirchen auf der Rastanlage Steigerwald-Süd an der A3 Pause machten.

Richter stand vor dem Bus, als er „Geschrei“ hörte. Er sah sich um und bemerkte, dass „aus dem Wald“ eine Menge dunkler Gestalten, „vermummt und mit Bengalos“, auf die Reisegruppe zu kam. Richter glaubt, dass es weit mehr als 50 Personen waren. Die Kleeblatt-Fans beeilten sich daraufhin, in die Busse zu kommen. Richter half einem achtjährigen Mädchen hinein, schloss schnell die Türen. „Dann flogen die ersten Flaschen.“

Er wollte sofort losfahren, sagt Richter, doch die Angreifer stellten sich in den Weg. Ein Bengalo landete unter seinem Bus, ein Mann schmiss sich gegen die Frontscheibe. Draußen wurde mit Steinen und Ästen geworfen, drinnen herrschte Panik: „Alle haben geschrieen. Die Schreie habe ich immer noch im Ohr, das waren Todesängste.“ Ein kleiner Junge habe sich am Geländer neben den Stufen festgeklammert. Richter beobachtete, wie an einem anderen Bus Scheiben zu Bruch gingen und eine Fackel hinterhergeworfen wurde, die glücklicherweise ihr Ziel verfehlte: „Ich war sprachlos. Das war wie ein Mordanschlag.“



Rund 100 Fans, die zu den „Sportfreunden Ronhof“ zählen, hielten sich in Richters Doppeldecker auf. Kinder und Jugendliche waren darunter, Pärchen und ältere Menschen, „ganz normale Fans“, sagt er. Die „Sportfreunde“ machten an der Rastanlage gemeinsam mit den „Horidos“ Halt — die waren wohl das Ziel des Angriffs, vermutet Richter.

Entsetzt ist auch sein Chef Elmar Singer, Geschäftsführer von Schmetterling Reisen. „Schlimm und traurig ist, was da passiert ist.“ Regelmäßig transportieren die Busse des Unternehmens Kleeblatt-Fans zu Auswärtsspielen, nie habe es Probleme gegeben. „Das sind ganz normale Familien“, sagt Singer. Für ihn steht fest, dass der Überfall Konsequenzen haben muss; man müsse über polizeiliche Begleiter nachdenken und über „drastische Maßnahmen, die wirklich abschreckend wirken“.

Noch kann die Polizei, die gestern in der Umgebung der Raststätte nach Spuren suchte, nicht bestätigen, dass die Angreifer aus der Fanszene des 1.FC Nürnberg stammen. Der Verdacht aber liege auf der Hand, sagte ein Sprecher. Nürnberger und Schalker Fans verbindet eine intensive Freundschaft. Das habe dem Spiel natürlich Brisanz verliehen, sagt Nicolas Heckel, Fanbeauftragter der SpVgg. Aber bei aller Rivalität: „Dass das so eskaliert, hat mit Fußball nichts mehr zu tun.“ Es bedürfe „einiger krimineller Energie, im Wald zu warten. Für so eine Aktion haben wir kein Verständnis.“ Heckel weiter: „50 Mann ziehen jetzt den Ruf von 40000 Fans in den Schmutz.“



Weil sich Ultras mitunter zu Schlägereien verabreden, kursieren bereits entsprechende Gerüchte. Ebenso wie die Ermittler geht Heckel aber davon aus, dass die SpVgg-Fans abgepasst wurden. Die Raststätte sei ein beliebter Haltepunkt, dort steigen oft Fans aus Westmittelfranken ein und aus.

Heckel setzt nun auf die Vernunft der Fans: „Man kann nur appellieren, dass die Leute jetzt besonnen sind. Racheaktionen will keiner.“



 

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