Haben die Module am Dach nur noch Schrottwert?

28.9.2020, 11:00 Uhr
Haben die Module am Dach nur noch Schrottwert?

© Foto: Thomas Scherer

Noch vor 2050 soll der gesamte in der Bundesrepublik verbrauchte und produzierte Strom Ökostrom sein. Das verfolgt die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetz 2021 (EEG). Das Kabinett hat am vergangenen Mittwoch den von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) eingebrachten Gesetzes-Entwurf verabschiedet. Jetzt geht er zur Beratung in Bundestag und Bundesrat.


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Besonderen Fokus legen der Grünen-Bundestagsabgeordnete Uwe Kekeritz und Wolfram Schaa, rühriger Grünen-Politiker aus Zirndorf und über Jahre als "PV-Man" in Internet-Foren auf Werbezug für private Photovoltaik-Anlagen, auf Altanlagen, die ab 2021 aus der EEG-Förderung fallen. Für sie endet dann das Recht, 20 Jahre lang ihren sauberen Strom ins öffentliche Netz einzuspeisen und dafür eine Vergütung zu erhalten. Altmaiers Vorschläge zu Altanlagen, zumindest das, was bisher davon bekannt ist, veruteilt Kekeritz: . "Das ist katastrophal."

Abgenommen werden soll der Strom zum Preis der Strompreisbörse – das sind aktuell drei, vier Cent pro Kilowattstunde. Und den Strom für den Eigenverbrauch soll der Kunde dann zum zehnfachen Preis – der deutschlandweite Schnitt liegt derzeit bei 32,1 Cent – vom örtlichen Energieversorger wieder beziehen. "Das demotiviert und bremst", so Kekeritz. Davon, die Bürger bei der Energiewende mitzunehmen, könne keine Rede sein, ergänzt Schaa.

Alt, aber leistungsstark

Er ist selbst Betreiber einer solchen Pionieranlage. "Das war damals nicht ohne", berichtet er. 40.000 Mark kostete die 22 Quadratmeter große Anlage 2020 (heute bekäme er sie für ein Viertel der Summe), ein zinsloses KfW-Darlehen erleichterte das Projekt. Trotz ihres Alters bringt sie heute immer noch 80 Prozent ihrer Leistung. Für ihn und seine Frau steht außer Frage, dass sie sie weiter betreiben. Ihnen geht es nicht um den monetären Gewinn.

Er war trotz garantierter Einspeisevergütung von ursprünglich 99 Pfennige und seit 2001 knapp über 50 Cent nicht üppig. Schaa, der so etwas immer ganz genau wissen will, hat es ausgerechnet und kam auf eine Rendite von 1,7 Prozent. Mittlerweile sind Solaranlagen wesentlich rentabler, teils selbst ohne EEG-Förderung, die Technik wird immer preiswerter, das machen sich Investoren großflächiger Anlagen zunutze.

Doch was mit dem Strom von Schaas Dach wird, wenn die EEG-Förderung ausläuft, ist noch offen. Er könnte sie abbauen. "Doch dann hätten wir jede Menge Elektroschrott produziert", sagt Schaas Gattin Angelika. Für sie "keine Alternative, so lange unsere alte Anlage noch läuft".

Zwei Optionen für die Zukunft

Nach aktueller Rechtslage blieben zwei weitere Optionen: Die Schaas könnten den Strom mit viel Bürokratie verkaufen, wofür er, so Schaa, letztlich einen Dienstleister oder Direktvermarkter bräuchte, der das nicht umsonst macht. Oder die Anlage umstellen und den selbst erzeugten Strom selbst verbrauchen, doch das kostet. Für seine Anlage fände Schaa nur ein umfassendes "Repowering" sinnvoll, also auch der Umstieg auf moderne Module. Samt intelligenter Messtechnik und Speicher im Haus käme er auf etliche Tausend Euro.


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176.000 Anlagen in Deutschland drohten in den nächsten fünf Jahren verschrottet zu werden, weil sich der Betrieb für die privaten Betreiber zum Draufzahlgeschäft entwickelt, erklärt Kekeritz. Der Umstieg auf intelligente Eigenverbrauchslösungen - inklusive Batteriespeicher zur Versorgung von E-Auto, Elektrogeräten oder Wärmpumpe im eigenen Haushalt, siehe oben, sei teuer und damit unattraktiv.

Subventionen für Kleinanlagen

"Den Klimawandel im Rücken drohen uns Regelungen, die dazu führen, dass wir Ende 2021 weniger regenerativen Strom haben als zu Beginn des Jahres, das kann nicht sein", so Kekeritz. Die Grünen fordern unkomplizierte Lösungen, um den produzierten Strom selbst verbrauchen und des Rest weiter ins Stromnetz einspeisen zu können. Die Kosten der Umrüstung sollten subventioniert werden, meint Kekeritz. Und vor allem sollte selbst erzeugte und verbrauchte Energie von Umlagen, Abgaben und Gebühren befreit werden. "Wenn ich Strom selbst erzeuge und verbrauche, ist das das einzige Produkt, für das ich Mehrwertsteuer zahlen muss": Für Kekeritz ist das ein Witz.

Der Bundestagsabgeordnete sieht auch den moralisch-ethischen Aspekt: "Die Pioniere, die vor 20 Jahren angefangen haben, in die Energiewende zu investieren, werden jetzt ins Kreuz getreten, letztlich nur, um große Versorger zu schützen, denn so billig wie von den Kleinanlagen kriegen die sonst nirgends ihren Strom."

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