Hainberg: Naturgelände mit einer komplizierten Grenze

3.4.2017, 11:00 Uhr
Areal mit bewegter Geschichte: Der Hainberg fasziniert zu jeder Jahreszeit.

© Hans-Joachim Winckler Areal mit bewegter Geschichte: Der Hainberg fasziniert zu jeder Jahreszeit.

Neun Uhr morgens, der Himmel so blau, die Sonne strahlt. Heinz Scharrer steht parat. Eine Karte des Hainberg-Areals hängt ihm in einer großen Plastiktasche um den Hals. Als Treffpunkt hat er den Park+Ride-Parkplatz in Unterasbach gewählt. Immer mehr Interessierte schließen sich der Gruppe an.

Man kennt sich. Viele Mitglieder des Heimatvereins, der offiziell zu der Wissens-Wanderung eingeladen hat, sind mit von der Partie. Außerdem Stadträte aus Oberasbach. Für sie ist die Veranstaltung fast eine Pflicht.

Denn sie sollen bei der Begehung etwas Besonderes lernen: Scharrer wird ihnen ganz genau zeigen, welche Flächen des Hainbergs zu Oberasbach gehören. Denn die Grenzsituation des Areals ist diffizil. "Ein Teil gehört Oberasbach, ein anderer zählt zu Stein und ein weiterer zu Nürnberg", erklärt Scharrer, der Feldgeschworener ist und Landvermesser war und damit geradezu prädestiniert ist für das Aufzeigen von Grenzen.

Blühender Ginster

Langsam setzt sich die Karawane mit den rund 20 Teilnehmern in Bewegung. Erst einmal geht es entlang der Bahngleise in Richtung Stein. Es wird rege geplaudert. Denn ein bisschen was weiß jeder über den Hainberg. Wie wunderbar er sich beispielsweise im Frühjahr präsentiert, wenn der Ginster blüht "und das ganze andere Zeug". Dass die Ruinen des Panzerausbesserungswerkes aus dem Zweiten Weltkrieg noch zu sehen sind. Genauso wie alte Schützengräben. "Im Jahr 1899 wurde das Gelände zum Truppenübungsplatz. Seither wurde es militärisch genutzt, zuletzt von der Bundeswehr. "1995 wurde es schließlich zum Naturschutzgebiet erklärt", erzählt Scharrer. Er selbst hat den Hainberg während seiner Kindheit als großen Abenteuerspielplatz genutzt, wie viele andere auch.

Während der Weg schmaler wird und sich durch die Kleingartenanlagen hindurch schlängelt, tauchen im Dunst des Morgens der Schweinauer Fernsehturm und das Kraftwerk Franken I auf. Ein Hund bellt in der Ferne.

Dann erreicht die Gruppe die Bahnunterführung an der Steiner Straße. Auf der gegenüberliegenden Seite prangt ein Schild des "Vereins für deutsche Schäferhunde". Und jetzt wird's kompliziert. Denn an dieser Stelle verläuft die Grenze keineswegs geradlinig. Das tut sie übrigens fast nirgendwo auf dem Areal, wie bald festzustellen sein wird.

Hainberg: Naturgelände mit einer komplizierten Grenze

© Foto: Nina Daebel

Bei Scharrer wecken viele Plätze lieb gewonnene Erinnerungen. So türmten sich früher unweit der Steiner Straße große Sanddünen auf, erzählt er. Als Kinder seien sie rauf und runter und hätten ihren Spaß gehabt. Bis der Sand großflächig abgebaut wurde. Dadurch entstanden Gruben, die als Schuttabladeplätze genutzt wurden. "Nach dem Krieg ist da alles reingekippt worden. Wer weiß, was da für Gift mit hinein gekommen ist", sagt Scharrer.

Die Sanddünen erinnern auch Günter Mages an etwas: an die Bayerische Meisterschaft im Zweispänner, die im Jahr 1990 auf dem Gelände stattgefunden hat. "Es war fantastisch", schwärmt das Gründungsmitglied vom Reit- und Fahrverein Oberasbach, von dem die Wettkämpfe damals ausgerichtet worden waren. Auch die Metz Rallye habe einst im Hainberg stattgefunden. Doch das sei alles längst vorbei. "Die Untere Naturschutzbehörde wacht mit Argusaugen über das Schutzgebiet", heißt es.

Scharrer führt immer weiter in den Wald hinein. Auf einem Feldweg bleibt er stehen. "Das hier ist der so genannte Sachsenwald", erklärt er und breitet die Arme aus. Während des 30-jährigen Krieges seien die Sachsen hier einquartiert worden. Deswegen der Name.

Einst Brachland

Und auch diesmal ist das mit dem Grenzverlauf etwas kompliziert: Von der Erhöhung dort hinten, geht es da rüber, und aus dem Wald hinaus. Scharrer läuft weiter, über den weichen Waldboden, zwischen den Bäumen hindurch, bis hin zur Lichtung. Den Kopf gesenkt, sucht er auf dem Boden nach einem weißen, runden Grenzpunkt — und findet ihn. In der Ferne sieht man mehr Wald. "Das war alles mal Brachland. Erst in den 1960er Jahren ist es bepflanzt worden." Und der Friedhof hätte auch mal zum Hainberg gehört.

"Jetzt fehlen nur noch die Heidschnucken. Dann wäre die Idylle perfekt", sagt eine Teilnehmerin und blinzelt in die Sonne. Es braucht nicht viel, um sich hier, mit diesem Blick in die Ferne, vorzustellen, wie schön es in den warmen Monaten im Hainberg ist. Wenn die Natur in ihrer ganzen Pracht erwacht ist. Dann werden hier Sandgrasnelken sprießen, Silbergras, der Eisvogel wird zu sehen sein, der Neuntöter und der Pirol. Ein rund 213 Hektar großes Areal geschützter Natur mit bewegter Geschichte.

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