Hintersinnige Komödie: Raffgier führt Regie

31.10.2018, 12:34 Uhr
Hintersinnige Komödie: Raffgier führt Regie

© Foto: Thomas Grünholz

Die Schuldirektorin Laurence und der Anästhesist Bruno, die bisher ein ganz normales Eheleben geführt haben, finden auf dem Tisch vor dem Bücherschrank unverhofft einen Hunderter, dessen Auftauchen sie sich nicht erklären können. Die Aufführung steht und fällt mit den beiden Hauptdarstellern Herbert Herrmann, der auch Regie führt, und Nora von Collande, die auch für die Kostüme verantwortlich zeichnet.

Ihr perfekt aufeinander abgestimmtes Spiel dominiert das Bühnengeschehen derart, dass die beiden Nebenfiguren Marie Wolff als spanische Haushaltshilfe Teresa und Uwe Neumann als namenloser Nachbar tatsächlich am Rande des Handlungsgeschehens bleiben.

Mit den elementaren Mitteln des Boulevardtheaters in Form von treffend platzierten Pointen, dem grandiosen Einfall, warum die beiden ausgerechnet am 12. Mai, dem Blasiustag, Weihnachten feiern und der Geschichte von der Internetbekanntschaft, in der Bruno den schwulen Hamster und Laurence das geile Frettchen spielt, wird das vordergründige Geschehen gezeichnet und vom Publikum mit Lachsalven honoriert.

Zunehmende Zweifel

Auf der anderen Ebene läuft die innere Entwicklung des Ehepaares ab, die zunehmend von Verdächtigungen, Zweifeln, versteckten Vorwürfen geprägt ist, nachdem aus 100 Euro 1420 Euro und schließlich über 30 000 Euro geworden sind – "auf dem Tisch wächst das Geld". Die gesprochenen (und gedachten) Dialoge gehen immer mehr ins Persönliche: "Erregt dich das Geld? Hast du Patienten nachgezahlt – was bist du für ein Arzt! Wollten dich Schülereltern bestechen"?

Szenenwechsel: Mehr als ein Dutzend Einkaufstüten, hat er mitgebracht – auch von Dior. 30 000 Euro auf den Kopf gehauen. Ein Kleid für etwas weniger als 8000 Euro. Sie: "Nuttenfummel", Er: "Haute couture"! Dann werden Zweifel laut: Sollen wir es der Wohlfahrt spenden oder Afrika? Von welcher Summe an ist Geld eigentlich schmutzig? Er träumt von einer Yacht und Prostituierten.

Da beklagt der Nachbar, er sei bestohlen worden, Wertsachen! Der Dialog steigert sich in Richtung Absurdistan: Im Schlafzimmer liegt eine 30 Zentimeter hohe Geldschicht. Ist hier etwa eine göttliche Tombola am Werk? Effektvoll wird der in Angst ausartende Ehestreit von immer lauterer Musik aufgeheizt. Der Nachbar kommt erneut, zertrümmert mit einer Axt die Schlafzimmertür, hinter der die Diebe vermutet werden. Licht aus, Schüsse, es regnet Geldscheine von der Decke herab.

Der Schluss bleibt offen, ebenso wie die Frage, was wir in unserer geld- und raffgierigen Zeit tun würden, wenn es Geldscheine von der Decke herabregnen würde. Eine amüsante, spannende, intelligente und auch tiefsinnige Komödie – ein Spiegelbild unserer Gesellschaft?

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