Hochmoderne Quader für das Ludwig-Erhard-Zentrum

11.10.2013, 09:00 Uhr
Hochmoderne Quader für das Ludwig-Erhard-Zentrum

© Müller

Den Zuschlag erhielt das Münchner Büro Reinhard Bauer, das auf dem Parkplatz an der Ludwig-Erhard-Straße gegeneinander versetzte Quader mit großen Fensteröffnungen aufstapelt und ans Rathaus andockt. Die Fassade soll aus einem Sichtbeton-Sandstein-Mix entstehen und damit sowohl Anmutung als auch Farbe von Sandstein haben. Der dreigeschossige Komplex, findet der Leipziger Architekt und Juryvorsitzende Benedikt Schulz, füge sich in die Umgebung ein und zeige dennoch „eine gewisse Prägnanz“ — genau das sei die Aufgabenstellung gewesen.

Hochmoderne Quader für das Ludwig-Erhard-Zentrum

© Entwurf: Reinhard Bauer Architekten

Ebenfalls stark ins Gewicht fiel bei der Auswahl Bauers Gestaltung der Innenräume — diese böten „optimale Funktionalität“. Hier sollen neben einer Dauerausstellung über den sogenannten Vater der sozialen Marktwirtschaft Wechselausstellungen, Seminare und Veranstaltungen Platz haben, während im Geburtshaus Erhards, direkt gegenüber, seine Kindheit und Jugend beleuchtet wird.

Sehr kubisch, sehr kompakt, sehr streng wirkt, was Bauers Darstellungen des Neubaus zeigen — manche werden ihn wohl gerade im historischen Rathausumfeld als zu streng, als eher abweisend empfinden. Auch die Mitglieder des Preisgerichts — unter anderem besetzt mit dem Präsidenten des Bonner Hauses der Geschichte, Hans Walter Hütter, und dem früheren Bundesbauminister Oscar Schneider — ahnen, dass nicht alle den Entwurf gutheißen werden; zumindest nicht auf Anhieb.

„Das wird in Fürth zu Diskussionen führen“, prophezeit Fürths Baureferent Joachim Krauße, der das zuletzt intensiv am Beispiel des Einkaufsschwerpunkts erlebt hat. Wer es „anheimelnd möchte“, dem werde der Entwurf „nicht gefallen“. Krauße indes schätzt an ihm, dass er „trotz der strengen Bauform“ gegliedert sei und die Parzellenform der gegenüberliegenden Altbausubstanz aufnimmt. Bei einigen Details wie den Fenstern und dem relativ hoch aufragenden Baukörper strebe man indes noch Korrekturen an.

Auch die frühere Stadtheimatpflegerin Barbara Ohm, die der Jury beratend zur Seite stand, lobt, dass der Neubau „in Einzelteile aufgelöst ist“; er korrespondiere mit den Nachbargebäuden. Ohm spricht von einer „sehr modernen, durchdachten Architektur mit Charakter“, doch auch sie weiß: „An einer klaren architektonischen Aussage reiben sich viele.“ Ohm wünscht den Fürthern die nötige Geduld bei der Auseinandersetzung damit.

In der nächsten Woche, so kündigt es die Stadt an, soll man sich in einer Ausstellung selbst ein Bild machen können. Zu sehen sind dann auch die anderen Entwürfe, die nicht zum Zug gekommen sind: Ihr Spektrum reicht vom Gebäude mit mutig-mondän geschwungener Glasfassade bis zu einer Optik, die eher an ein Geschäftshaus erinnert.

Kaum einer der Betrachter wird freilich so viel Geduld aufbringen wollen wie die neunköpfige Jury: Deren Votum fiel nach anderthalb Tagen und „intensiven Diskussionen“ am Mittwochmittag einstimmig. In verschiedenen Durchgängen waren immer mehr der 23 – übrigens anonym präsentierten — Entwürfe ausgesiebt worden, am Ende blieben vier übrig.

Unter ihnen setzte sich letztlich ausgerechnet der durch, den die meisten anfangs gar nicht so sehr auf der Rechnung hatten. Bauers Vorschlag habe sich immer weiter nach vorn geschoben, sagt Evi Kurz, Vorsitzende des Ludwig-Erhard-Initiativkreises, die das Projekt angekurbelt hat. Auch sie steht hinter der Entscheidung, man könne schließlich nicht das Café Fürst, das früher an dieser Stelle stand, wieder erschaffen oder das Rathaus weiterbauen.

Vielleicht aber wäre das dem Rathauschef sogar am liebsten gewesen. OB Thomas Jung nämlich, bekannte er auf Nachfrage der FN, musste sich im Lauf des Wettbewerbs von einer Illusion verabschieden — „der Illusion, dass man gleichzeitig Unauffälliges und Besonderes haben kann“.

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