Forderung nach Konsequenzen

Hochwasserschutz in und um Fürth: "Es darf kein Weiter-so geben"

16.7.2021, 18:19 Uhr
Hochwasserschutz in und um Fürth:

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Bestürzt und voller Mitgefühl hat Wilhermsdorfs Bürgermeister Uwe Emmert verfolgt, wie im Westen der Republik ganze Landschaften weggespült wurden. Eine Woche, nachdem das Flüsschen Zenn zum reißenden Strom wurde und eine, für hiesige Verhältnisse, Jahrhundertflut in Häuser drang, die Trafostation lahmlegte und einen Gehsteig samt Geländer fortriss, sagt er: "Wir haben Sorgen, wir müssen Häuser trocken legen und Schäden bezahlen, aber wir hatten trotz allem Glück im Unglück. Denn: Möbel kann man ersetzen, Menschen nicht."

Fürths OB Thomas Jung spricht von "furchtbaren Entwicklungen", einer "neuen Dimension" von Katastrophen. Fürth kam beim Hochwasser vorige Woche glimpflich davon. Er sei froh über die "breiten Flusstäler" der Stadt, sagt Jung, sieht die bei Starkregenereignissen aber "nicht auf der sicheren Seite".

Er verweist auf das Klimaschutzkonzept, das die Verwaltung im Dezember vorstellen wird. Zentral: "die "wassersensible Stadtentwicklung im Handlungsfeld der Klimawandelanpassung". Eine weitere Verengung der Talauen werde es defintiv nicht geben, sagt er und plädiert für "größere und mehr" Regenrückhaltebecken: "Das müssen wir uns leisten."

Warum Atzenhof, wo die betroffenen Grundstücke nicht direkt an ein Gewässer grenzen, immer wieder überschwemmt wird, will die Stadt herausfinden. Welche Rolle spielt der Kirchweihplatz? Welche ein Tabakfeld oberhalb des Ortes? "Beim Tabak ist die Erde nicht dicht und flächig durchwurzelt", erklärt Umweltamtschef Jürgen Tölk. Die Pflanze bevorzuge zudem eine glatte Bodenoberfläche statt Ackerfurchen. Folge: Abfließendes Regenwasser kann den Oberboden leicht abschwemmen.

Größere Gullys?

Mit Ergebnissen rechnet Tölk nicht vor Oktober. Dann trifft sich der Umweltausschuss. Bis dahin müssen auch SPD, Grüne und AfD mit ihren Anträgen und Anfragen warten. Sie wollen etwa wissen, ob der Abfluss des Regenwassers durch größere und mehr Gullys besser kanalisiert werden kann (SPD), fordern bauliche Schutzmaßnahmen (AfD) und "kluge Konzepte" (Grüne).

Die Öko-Partei mahnt seit langem Vorkehrungen gegen 100-jährliche Hochwasser an. Stadtrat Harald Riedel hat gegen seine Gewohnheit die TV-Berichterstattung über die Verwüstungen im Westen Deutschlands ausführlich verfolgt. "Ich war schockiert." Er spricht von einem "Weckruf", ein Weiter-So dürfe es nicht geben. Fürth müsse mit einem "nachhaltigen Wassermanagement" gegen die Auswirkungen des Klimawandels und den Wechsel von Starkregenereignissen und Trockenperioden antreten, fordern die Grünen.

Gegensteuern mit dem Prinzip "Schwammstadt"

Größere Gullys und Regenauffangbecken helfen ihres Erachtens nicht weiter, weil die gesammelten Niederschläge oft nur zeitversetzt abgeleitet werden. Sie setzen auf das "Schwammstadt"-Prinzip. Heißt: Flächen entsiegeln, Retentions- oder Überflutungsflächen anlegen, Wasser langsam versickern lassen, bei Baugebieten Regenwasserzisternen einplanen, um Wasser am Ort zu halten. So könne es bei Bedarf dosiert genutzt werden, meint Riedel, und beim Ablauf komme es an Engstellen nicht zur Katastrophe.

Auch der Bund Naturschutz pocht auf Überschwemmungsräume, einen schonenderen Umgang der Landwirtschaft mit Böden und fordert ein Umdenken beim Umgang mit Regenwasser. Eine bessere Wasserspeicherfähigkeit sei der wirksamste Schutz vor Hochwasser, aber auch vor Dürreschäden in trockenen Sommern, erklären die hiesigen Kreisgruppen.

Fragwürdige Wohnbebauung im Hochwassergebiet

Höchst fragwürdig finden sie eine eben begonnene Wohnbebauung in einem Hochwasser- und FFH-Gebiet am Langenzenner Laubendorfer Weg, "die nun prompt völlig überflutet war".

Landrat Matthias Dießl hat einen "Runden Tisch Zenn" anberaumt. Nach der Flut, die vor einer Woche auch Langenzenn und Veitsbronn getroffen hat, sollen Vertreter von Behörden und Kommunen das weitere Vorgehen zum Hochwasserschutz abstimmen. Bürgermeister Emmert spricht vom "Hochwassergipfel".

Experten der Wasserwirtschaftsämter rechnen damit, dass auch ein weiteres Rückhaltebecken im Zenngrund diskutiert wird. Denn Fakt ist, heißt es aus Ansbach: Das Rückhaltebecken Obernzenn, der dortige Badesee, hilft Wilhermsdorf kaum. Knapp 96 Prozent des Wassers, das hier ankommt, stamme aus all den Zuflüssen im weiteren Verlauf der Zenn.

Wilhermsdorf tut viel für den Hochwasserschutz. Der neue Damm in Unterulsenbach hat seine erste Bewährungsprobe weitgehend bestanden, weitere Rückhaltebecken entstehen an diesem Zenn-Zufluss. Emmert hätte im Zenngrund selbst gern auch eines und er sagt, man müsse die Hochwasserzonen hier wohl "großzügiger auslegen".

Von einem Ausbau der Kanalisation aber, also von Abflussrohren mit größerem Durchmesser, hält er wenig. "Wenn wir 40er- durch 60er-Rohre ersetzen, sind das enorme Investitionen. Und in ein paar Jahren sind die neuen vielleicht wieder zu klein."

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