"Pixels"

In Fürths VR-Café eröffnen sich fantastische Welten

5.3.2020, 06:00 Uhr
Brille auf und los geht's! Im "Pixels" können Besucher in fremde Welt eintauchen.

© Hans-Joachim Winckler Brille auf und los geht's! Im "Pixels" können Besucher in fremde Welt eintauchen.

Die Brille katapultiert mich von jetzt auf gleich in eine andere Welt. Vom Raum, in dem ich stehe, nehme ich nichts mehr wahr. Stattdessen ragen Hochhäuser vor mir auf, Vögel fliegen vorbei. Es sind Bilder, die ein Computer erschaffen hat, aber das dreidimensionale Erlebnis lässt sie auf beeindruckende Art real wirken. Ich nehme den Aufzug im Gebäude hinter mir und schieße in die Höhe. Als sich die Tür öffnet, muss ich schlucken: Nichts als eine schmale Planke führt ins Freie. Darunter gähnt ein Abgrund.

Eine Stimme spricht mir Mut zu. Vorsichtig setze ich einen Fuß auf die Planke, langsam gehe ich sie bis zum Ende. "Und gleich machst du den entscheidenden Schritt nach vorne", sagt die Stimme, "ich zähle von drei runter." Mein Körper schüttet Adrenalin aus. Weil ich mir noch einmal sehr bewusst mache, in Wirklichkeit auf sicherem Parkettfußboden zu stehen, traue ich mich vor – und falle. Die Erde rast mir entgegen, kurz vor dem unvermeidlichen Aufprall wird alles weiß. Als ich die Brille abnehme, lächelt mich Peter Schwachhofer an, ein freundlicher Mann mit Hipster-Vollbart, der mich soeben verbal in den Abgrund dirigiert hat. "Na, geht doch", sagt er, während ich den Sprung von der Planke immer noch verarbeite.

Im VR-Café "Pixels", das Ende Dezember in Sichtweite des Fürther Hauptbahnhofs eröffnet hat, ist Schwachhofer der leitende Angestellte. "VR" steht für "Virtual Realitiy", eine künstlich erzeugte Wirklichkeit. Die Technologie steht noch am Anfang, Experten glauben aber, dass sie unsere Zukunft bestimmen wird.

Im Pixels, dem ersten Café seiner Art im Großraum, lässt sie sich testen: Mithilfe der VR-Brille kann man durch das Schloss Versailles wandeln, in einen Boxring steigen oder ein Dorf gegen den Angriff wütender Orks verteidigen. "VR ist schon eine sehr spannende Form des Erlebens", sagt Marlon Hassel. Der 32-Jährige gehört zu einem Trio, das hinter dem Café steht. Die drei Ingenieure aus Fürth und Nürnberg, die hauptberuflich für ein großes Unternehmen arbeiten, hatten "einfach Lust", so Hassel, nebenbei etwas mit dieser Zukunftstechnologie auf die Beine zu stellen. In Fürth fanden sie die passenden Räume in der Ex-Sparda-Bank-Filiale in der Gustav-Schickedanz-Straße.

Vorne laden Tische und Bänke dazu ein, einen Kaffee zu trinken. Im hinteren Bereich, der sich überraschend weit öffnet, haben sieben Spielflächen sowie zwei Racing-Stationen für VR-Autorennen Platz. Bis das Trio im Dezember eröffnen konnte, musste es einige Vorbehalte überwinden. Der Stadtverwaltung galt es klarzumachen, dass sie keine stinknormale Spielothek aufmachen wollten, einzelne Fürther Stadträte befürchteten zudem, dass sich im Pixels Jugendliche in fantastischen Welten verlieren könnten.

Dem steht schon der Preis entgegen – das VR-Erlebnis zählt nicht zu den günstigsten Freizeitvergnügen. Eine halbe Stunde kostet 20 Euro pro "Erlebnisfläche". Diese kann man sich zwar mit Freunden teilen, hat aber nur eine Brille zur Verfügung. Das Gruppenerlebnis kommt in diesem Fall über einen Beamer, der das an die Wand wirft, was der Brillenträger gerade sieht. Wer im Multiplayer-Modus zusammen oder gegeneinander spielen möchte, muss pro Person eine Erlebnisfläche buchen.

Allein in die "Gaming-Ecke", so Marlon Hassel, wollen sich die Macher des Pixels nicht drängen lassen. VR biete noch viel mehr Möglichkeiten. Hassel zufolge nutzen Mediziner die Technik, um Phobien zu behandeln, und in Sachen Bildung sagt er: "Jeder weiß, dass man besser lernt, wenn man auch visuell wahrnimmt." Das Pixels bietet daher neben Spielen in den Kategorien Abenteuer, Action, Sport und Geschicklichkeit auch Spannendes in den Bereichen Bildung und Kreativität an. So lassen sich mit der VR-Brille berühmte Kunstwerke entdecken oder mit den eigenen Händen virtuelle 3D-Bilder malen. "Wir sprechen bewusst auch Familien und Senioren an", sagt Hassel.

Monatlich kommen 800 bis 1000 Menschen ins Pixels – noch nicht genug, damit der Laden profitabel läuft. Hassel, seine Partner Clemens Orendt und André Wichmann sehen sich aber auf einem guten Weg. Für die Zukunft setzen sie auf Firmenevents, Geburtstagsfeiern, Junggesellenabschiede oder Besuche von Schulklassen. Wer sich eine eigene VR-Brille und den dafür notwendigen leistungsstarken Rechner kaufen will, müsse 3000 bis 3500 Euro hinblättern, sagt Orendt. Da ist der Abstecher ins Pixels um einiges günstiger.