In Retzelfembach kommt alles auf die Waage

9.4.2012, 13:00 Uhr
In Retzelfembach kommt alles auf die Waage

© Esterl

Eine strenge Duftnote hängt in der Luft. So, als habe gerade erst vor fünf Minuten noch ein Schwein auf der Waage gegrunzt. Doch Vierbeiner haben im Retzelfembacher Waaghäuschen ihren letzten Gang vor Verkauf oder Schlachtung schon lange nicht mehr angetreten. Die gesetzlich vorgeschriebene Eichung der Waage endete im Jahr 2005. Wann Heinrich Summ, einst Waagmeister in Retzelfembach, zuletzt Rinder oder Schweine auf die von einem Metallgitter eingefasste Platte getrieben hat, weiß Alfred Strunz nicht zu sagen.

Der Veitsbronner Gemeindeheimatpfleger und Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins posiert mit seinen Vorstandskolleginnen Brigitte Stelkens und Helga Frühwald für den Fotografen auf der großen Waage. Es wird gewitzelt. Was auf den rund 25 Quadratmetern Fläche, die das Gebäude bietet, einmal entstehen soll, verrät ein weißes Kunststoffschild, das am Gitter baumelt: „Waagenmuseum in Gründung. Hier entsteht das Fränkische Waagenmuseum.“

Die Idee dafür, erzählt Strunz, sei ihm kürzlich bei einem Ortstermin mit dem Bürgermeister gekommen. Peter Lerch zeigte sich begeistert und diese Stimmung übertrug sich auf den Gemeinderat, dem der Heimatpfleger ein Konzept samt Antrag auf Einrichtung eines Museums vorlegte.

Demnach sollen Besucher in dem unscheinbaren Gebäude an der Retzelfembacher Hauptstraße nicht nur Waagen aller Art – vier sogenannte Sackwaagen stehen bereits auf dem Boden hinter der den Raum dominierenden Viehwaage – bestaunen können, sondern auch Gewichte, Bücher und Dokumente aller Art zum Thema. Exponate für die Ausstellung sucht der Heimatverein, nicht nur aus Veitsbronn, sondern auch aus dem gesamten Landkreis und darüber hinaus. Es gebe ja keine speziellen Veitsbronner Waagen, erläutert Strunz, die im Zusammenhang mit dem Museum gebrauchten Adjektive „überregional“ und „international“. Seines Wissens nach existiert zudem bisher in Franken kein Waagen-Museum. Dazu muss man bisher nach Oschatz in Sachsen oder ins baden-württembergische Wachenheim fahren.

„Für alles dankbar“

Der Heimatverein hofft auf reichlich Sachspenden oder Leihgaben: Zunächst soll eine Sammlung aufgebaut werden: „Brief-, Eier-, Apotheker- oder Goldwaagen – wir sind für alles dankbar“, sagt Strunz. Präsentiert werden die Schätze in Schränken und Vitrinen. Zweimal im Jahr, an der Kirchweih und an einem Tag der offenen Tür, wird das Museum öffnen, außerdem für Gruppen nach Vereinbarung. Auch Schulklassen und Kindergärten sind willkommen.

Vor Ort sollen die Besucher von geschulten Ehrenamtlichen mit Informationen versorgt werden. Das notwendige Wissen holen sich die Aktivisten des Heimatvereins aus der Literatur, aber auch vom Bayerischen Heimatverein für Landespflege. Im Idealfall finden sich auch engagierte Retzelfembacher, bei denen Schlüssel für das künftige Museum deponiert werden. Für Spontan-Besucher: Strunz verweist auf den Zenntalradweg, der genau am Museum vorbeiläuft

Auch die Erfahrungen mit dem vor eineinhalb Jahren am Veitsbad eröffneten Heimatraum will der Verein nutzen. Kochkurse für Kinder, in Kooperation mit der örtliche Vhs angeboten, waren der Renner, berichtet Brigitte Stelkens. Mit einer Veranstaltung sei der Ansturm nicht zu bewältigen gewesen, ein zweites Mal musste der alte Holzherd angefeuert werden.

Auch das künftige Waagenmuseum könnte sich so mit Leben füllen, wann ist allerdings die Frage. Hergerichtet – ein neuer Anstrich muss sein, Mobiliar existiert bereits – ist der Raum schnell. Doch noch fehlen die Exponate. Obwohl das Spektrum speziell ist, zeigt sich Alfred Strunz optimistisch. Auf der Internetplattform Ebay werden allein 18000 Exemplare angeboten, da sollte sich doch auch einiges in Veitsbronner Kellern oder auf Speichern finden.

Außerdem setzt der Gemeindeheimatpfleger noch auf ein ganz besonderes Ausstellungsstück: Zur Eröffnung soll ein Schwein auf der alten Viehwaage stehen. Kein lebendiges Exemplar, sondern eines aus Kunststoff. Einen Brief an Playmobil-Fabrikant Brandstätter ist in dieser Sache schon unterwegs.

Wer Stücke für das geplante Waagenmuseum in Retzelfembach spenden will, kann sich an Alfred Strunz wenden, Tel.: (0911) 97794488, email: alfred.strunz@heimat-bayern.de

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