Ingenieur ohne Grenzen im Kenia-Einsatz

5.2.2019, 16:00 Uhr
Ingenieur ohne Grenzen im Kenia-Einsatz

© Foto: Leicht

Schön, wenn das Leben in geordneten Bahnen läuft. Wenn keine großen Erschütterungen drohen, sondern der Alltag verlässlich ist. Jürgen Leicht weiß das zu schätzen, doch ihm liegt auch der Blick über den berühmten Tellerrand am Herzen. "Ich wollte schon immer gerne eine andere Kultur von innen sehen", sagt der 53-Jährige, der in Ammerndorf lebt und in einem Nürnberger IT-Unternehmen beschäftigt ist.

Leicht entschied, sich für vier Monate von der Arbeit freistellen zu lassen. "Es hat für mich in dieser Lebensphase einfach gepasst, und ich wollte die Chance nicht verstreichen lassen." Der Mann, dem ehrenamtliches Engagement schon immer sehr wichtig war, recherchierte im Internet nach einem passenden Einsatz und fand genau das Richtige.

"Ich stieß auf SOFis World – Social Finance, eine Stiftung mit Sitz in Bayrischzell, die Menschen dabei hilft, sich durch nachhaltige ökologische Projekte eine Existenzgrundlage zu schaffen." Was er erfuhr, überzeugte ihn. Dank dieser Hilfsorganisation wurden zum Beispiel bereits mehr als 400 Biogas-Anlagen im Südwesten Kenias errichtet. Außerdem werden Waisenhäuser und eine Schule unterstützt. Jürgen Leicht wurde für ein weiteres Anliegen von SOFis World aktiv: "Dabei geht es um die Errichtung von Solar-Thermieanlagen ebenfalls in Kenia."

Sonne wärmt Brauchwasser

Der Ammerndorfer flog nach Mombasa. Knapp 200 Kilometer entfernt von der zweitgrößten kenianischen Stadt liegt Wundanyi, Leichts Einsatzgebiet. "Zu meinem Auftrag gehörte unter anderem, die Werkstatt zu leiten." Auch dieses Projekt ist grundsätzlich so angelegt, dass die Menschen vor Ort die Anlagen selbstständig bauen, bedienen und instandhalten können. Sämtliche Materialien wie Kupferrohr, Glas oder Aluminiumblech sind im Land zu bekommen. In den Solar-Thermieanlagen wird Wasser in haushaltsüblichen Mengen gesammelt und dank der Sonne erwärmt.

Viele Menschen in den ländlichen Gebieten von Kenia erhitzen Wasser zum Kochen, Duschen oder Waschen über einem Holzfeuer. Die Kosten für Holz sind sehr hoch. Die Abholzung der Wälder hat auch verheerende Folgen für die Umwelt, dazu gehört nicht zuletzt das Sinken des Grundwasserspiegels, das zum Austrocknen der Quellen führt. Die Wasserspeicherung wirkt dem nicht nur entgegen, sondern ist für ihre Nutzer obendrein kosten- und zeitsparend. Die Anlagen sind so konstruiert, dass zum Beispiel auf eine Pumpe verzichtet werden kann. "Ich war unter anderem dafür zuständig, für dieses durchdachte System ein Metallgerüst zu konstruieren, das die bisherigen aus Holz ersetzt", erklärt Jürgen Leicht.

In der Werkstatt, die direkt neben einem ebenfalls von SOFis World unterhaltenen Projekthaus in Wundanyi liegt, arbeiten sieben einheimische Handwerker. Die Erfahrungen, die Leicht in Kenia gemacht hat, begeistern ihn: "Die Leute sind sehr herzlich, wir wurden zum Beispiel oft eingeladen, haben miteinander gegessen. Das war toll." Mit seiner Frau, die ihn für drei Wochen in Kenia besuchte, machte er eine dreitägige Rundfahrt, um noch mehr Eindrücke von dem afrikanischen Land zu gewinnen. "Wir haben tatsächlich Löwen bei der Jagd beobachten können und Gnus, die auf der Suche nach Futterplätzen waren", erinnert er sich.

Ausgebrochenes Löwenrudel

Sehr spannend und anregend, aber keinesfalls in irgendeiner Weise riskant sei sein Einsatz für das Projekt gewesen. Zwar sei während seiner Zeit in Wundanyi ein Löwenrudel aus einem Nationalpark ausgebrochen. Aber, erzählt er entspannt, "die wurden in einer Entfernung von gut acht Kilometern von uns gesichtet". Jürgen Leicht weiß: "Zunächst ist man in der ungewohnten Umgebung natürlich überall sehr vorsichtig, aber im Lauf der Zeit wird man viel lockerer."

Der 53-Jährige, der längst wieder in sein Alltagsleben eingestiegen ist, ist dankbar, dass er diese Auszeit in Afrika genommen hat. Mit den neuen Kollegen und Bekannten hält er Kontakt über die sozialen Medien. Für die Menschen in dem fernen Kontinent setzt er sich nach wie vor von Franken aus ein. Jürgen Leicht ist Mitglied bei Ingenieure ohne Grenzen, auf der Agenda dieser Hilfsorganisation steht zum Beispiel der Wiederaufbau eines kleinen Krankenhauses in Uganda.

Er selbst hat von den Menschen in Afrika einen veränderten Blick auf vertraute Gepflogenheiten mitgenommen: "Dort arbeiten alle ohne doppelten Boden. Wir dagegen sichern uns am liebsten 120-prozentig ab. Da fragt man sich schon einmal: Muss das wirklich immer so sein?"

Spendenkonto der Stiftung SOFis World – Social Finance: DE75 7115 2570 0012 0796 95, BYLADEM1MIB bei der Kreissparkasse Miesbach/Tegernsee. Internet: www.sofisworld.net

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