"Insectophobie": Vogelspinnen krabbeln durch Fürther Stadthalle

1.12.2019, 19:14 Uhr

© Johannes Alles

Der Weg zur Spinne führt über die Schlange. Brav stehen die Besucher an, bis sie an die Reihe kommen für den besonderen Nervenkitzel: die hautnahe Begegnung mit einer Vogelspinne. Es sind vor allem Kinder, die sich das antun möchten.

"Ich muss die Hände flach und still halten, dann beißt sie nicht", weiß der achtjährige Julian bereits. Zuvor kannte er nur die Weberknechte, die sich dann und wann in sein Zimmer verirren. Als Mitarbeiter Daniel Beck die Vogelspinne auf seine offenen Hände setzt, zuckt er kurz, und als sie sich in Richtung seiner Unterarme in Bewegung setzt, stöhnt Julian leise auf. Aber da ist das Foto schon gemacht – und Beck treibt die Spinne mit leichten Stupsern auf den Tisch zurück.

"Mach sie weg!"

"Ich hab’ fast nichts gespürt, nur ein bisschen Haare, die ist ganz leicht", erzählt der tapfere Julian aufgeregt. Das Erinnerungsfoto wird vor Ort ausgedruckt, fünf Euro wechseln den Besitzer, dazu gibt es noch eine Urkunde mit Informationen: Bei dem Insekt handelt es sich um eine Rote Chile Vogelspinne, ist darauf zu lesen, und: "Sie besitzt ein ruhiges Wesen und ist nur mindergiftig."

 

 

Auch auf Lauras Händen fängt die Spinne an zu krabbeln. Die Neunjährige reißt die Augen auf. "Ah, mach’ sie weg", ruft sie. Daniel Beck ist schnell zur Stelle. Im Anschluss gönnt er dem Tier eine Pause im Terrarium, ihr ruhiges Wesen scheint überstrapaziert. "Sie ist etwas gestresst", räumt Beck ein. Er merke das, wenn sie die Vorderbeine aufstellt. Die Wartenden in der Schlange müssen sich erst einmal gedulden.

Skorpione und Stabheuschrecken

85 Terrarien hat Organisator Giovanno Neigert aus Feuchtwangen mitgebracht. Er zeigt vor allem große Spinnen, aber auch Skorpione, Gottesanbeterinnen und Stabheuschrecken. Dazu Präparate von Schmetterlingen oder Käfern. Neigert will den Menschen den Ekel vor Insekten nehmen – und damit Geld verdienen. Acht Euro kostet der Eintritt für Erwachsene, sechs für Kinder, einen Familientarif gibt es nicht.


Die Hauswinkelspinne ist zurück in Deutschlands Wohnungen


Sein Faible für Vogelspinnen hat Neigert in seiner frühen Jugend entdeckt, als er sich mit Vorliebe in einem benachbarten Zoofachgeschäft herumtrieb. Der Besitzer brachte ihm die Tiere näher, ließ ihn bei der Arbeit helfen. "Wichtig ist, dass man im Terrarium das natürliche Habitat der Spinne möglichst genau abbildet", sagt Neigert. Das gelinge zum Beispiel mit Wärmelampen; um die richtige Luftfeuchtigkeit zu erzielen, wird der Bodengrund befeuchtet.

"Zahmste bekannte Art"

Seine erste Ausstellung organisierte er vor vielen Jahren, um sich sein nicht ganz günstiges Hobby zu finanzieren. Die große Resonanz damals brachte ihn auf den Gedanken, eine kommerzielle Wanderschau auf die Beine zu stellen. Inzwischen gastiert Neigert jeden Sonntag in einer anderen Stadt. In der Vorwoche war es Waldkraiburg, weiter geht’s in Pirmasens.

Die Rote Chile Vogelspinne, die man bei ihm auf die Hand nehmen darf, sei übrigens die "zahmste bekannte Art", wie er selbst sagt. "Die müsste man schon zerdrücken, bis sie beißt." Und selbst das sei nicht schlimmer als ein Wespenstich. Anders verhält es sich bei einem Biss der Australischen Trichternetzspinne, dieser kann tödlich enden. Ein Film, den Neigert in Dauerschleife zeigt, beschreibt das Insekt als die gefährlichste Spinne der Welt. In Ausstellungen dürfen daher nur "mindergiftige" Insekten gezeigt werden, der Freistaat Bayern verbietet auch, privat Trichternetzspinnen zu halten.

Namen gibt Neigert seinen Tieren übrigens nicht. "Ich habe 170 Spinnen, da halte ich mich lieber an die lateinischen Bezeichnungen."

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