Italienische Zwangsarbeiter: Düstere gemeinsame Geschichte

23.11.2019, 21:00 Uhr
Italienische Zwangsarbeiter: Düstere gemeinsame Geschichte

© Nina Daebel

"Ich habe oft darüber nachgedacht, wie es in Sovicille wohl während des Krieges gewesen ist und wo die noch immer existierenden Vorbehalte der älteren Generation gegenüber den Deutschen ihren Ursprung haben", erzählt die Veitsbronnerin Friederike Strunz. Heute sind Deutsche und Italiener befreundet. Veitsbronn pflegt eine lebendige Partnerschaft zu Sovicille in der Toskana.

Das ist keine Selbstverständlichkeit wie La Triste rubrica zeigt. Das gleichnamige Buch – übersetzt "das traurige Verzeichnis" – haben Gabriele Cortonesi aus Sovicille und Friederike Strunz aus Veitsbronn gemeinsam verfasst. Zehn Jahre haben sie zu dem schwierigen Thema italienischer Zwangsarbeiter recherchiert. Nun stellten sie ihre Arbeit in der Zenngrundhalle vor.

Es war der 8. September 1943, als die sogenannte Achse Berlin–Rom zwischen Hitler und Mussolini zerbrach und von einem Tag auf den anderen aus Freunden erbitterte Feinde wurden. Rund 650.000 Italiener wurden entwaffnet, deportiert und in deutsche Lager gebracht, wo sie Zwangsarbeit leisten mussten.

Von den 1328 aus Siena und aus der Provinz Siena stammenden Soldaten haben Cortonesi und Strunz zahlreiche Einzelschicksale rekonstruiert. Dafür haben sie in Archiven und in den Lagern recherchiert.

Aufgezählt sind in dem traurigen Verzeichnis alle Namen in alphabetischer Reihenfolge und ohne Wertung ihres militärischen Ranges. "Bei einigen Männern konnten wir ihr Schicksal sehr detailliert nachvollziehen, bei anderen haben wir nur rudimentäre Angaben gefunden", berichtete Strunz.

Besonders wertvoll sei für ihre Arbeit das Archiv in der nordhessischen Stadt Bad Arolsen gewesen. Dort werden unter anderem Dokumente über Menschen aufbewahrt, die zwischen 1933 und 1945 in das damalige Reichsgebiet verschleppt worden waren und Zwangsarbeit hatten leisten müssen.

"Wir sind nicht nur an den sonnigen Seiten dieser Partnerschaft interessiert, sondern auch an den ernsten", sagte Bürgermeister Marco Kistner während der Buchpräsentation und betonte, es sei eine "immerwährende Aufgabe, aus der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen".

"Für beide Seiten ein schmerzhaftes Thema"

Auch Cortonesi und Strunz sehen in ihrem Werk einen Beitrag zur Erinnerungskultur. Es sei wichtig gewesen, den Mut zu haben, auch in das dunkle Kapitel der deutsch-italienischen Geschichte zu schauen. "Es ist für beide Seiten ein schmerzhaftes Thema."

Erschienen ist das Werk bislang nur auf Italienisch, in einer Auflage von 600 Exemplaren und zu einem Preis von 25 Euro. Eine deutsche Übersetzung wird angestrebt. Finanziert haben die Veröffentlichung bislang die Autoren selbst. Bereits im September hatten sie die Forschungsarbeit in Siena vorgestellt. In Veitsbronn hatten Cortonesi und Strunz aus der Präsentation einen deutsch-italienischen Abend gemacht, bei dem die friedliche Partnerschaft zwischen ihren beiden Heimatgemeinden gefeiert wurde.

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