75 Jahre

Jubiläum: "Die Fürther VHS muss sich nicht neu erfinden"

15.11.2021, 10:00 Uhr
Jubiläum:

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Der OB brachte es auf den Punkt: „Fast alle Fürtherinnen und Fürther haben irgendeinen Bezug zur Volkshochschule. Diese Einrichtung hat hier einen hohen Stellenwert", sagte Thomas Jung beim Festakt zum 75-jährigen Bestehen der Fürther VHS. Er konnte nicht, wie geplant, in Präsenz stattfinden, sondern wurde sicherheitshalber als Video aufgezeichnet.

Er selbst, so Jung, habe bei der VHS zum Beispiel Italienisch gelernt, seine Frau habe Mutter-Kind-Turnen als Dozentin angeboten. Zudem sei ihm der Begriff "Volkshochschule" sehr sympathisch – weil er alle Menschen einbeziehe.

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© Foto: Knut Meyer

Unter einer etwas anderen Bezeichnung war die Erwachsenenbildung im Jahr 1946 gestartet: als Fürther Volksbildungswerk. Den 75. Geburtstag freilich hatte sich deren heutiger Leiter, Felice Balletta, anders vorgestellt, ganz anders. Gerne hätte man ein Festjahr veranstaltet, mit besonderen Events und vielen persönlichen Begegnungen, so Balletta.

Doch die Kontaktbeschränkungen und Veranstaltungsverbote vereitelten all das. Umso wichtiger war es dem VHS-Chef, sich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Dozentinnen und Dozenten sowie Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Kurse jetzt wenigstens virtuell zu bedanken. Sie alle hätten die Erfolgsgeschichte mitgeschrieben.

Aber ist die VHS eigentlich gut genug aufgestellt, um auch in Zukunft erfolgreich zu bleiben und mit ihrem Angebot den Nerv der Menschen zu treffen? Darüber diskutierte Balletta mit dem Fürther Bürgermeister und Bildungsreferenten der Stadt, Markus Braun, dem städtischen Referenten für Soziales, Jugend und Kultur, Benedikt Döhla, und Regine Sgodda, Vorständin des bayerischen Volkshochschulverbands.

Geld ist dringend nötig

Letztere betonte, dass Geld dabei eine wichtige Rolle spiele. "Die Erwachsenenbildung in Bayern ist seit langem strukturell unterfinanziert", bemängelt Sgodda. Ein Großteil der Kosten müsse von den Teilnehmenden gestemmt werden. Das Ziel müsse aber eine "gleichteilige Finanzierung" durch Land, Kommune und Teilnehmende sein.

Mit Blick auf die Auswirkungen der Pandemie meinte die Landesvorständin, dass diese vor allem Menschen noch weiter abgehängt habe, die zuvor bereits bildungsbenachteiligt waren. Gerade sie müssten aber dringend mit anderen Meinungen und Inhalten konfrontiert werden, um nicht Fake News und Verschwörungstheorien aufzusitzen. Dafür seien die Volkshochschulen mit ihren Präsenzveranstaltungen gut geeignet – und deshalb zukunftsfähig, glaubt Sgodda.

Auch Markus Braun findet, dass sich die Fürther VHS nach der Pandemie nicht neu erfinden muss. "Das hybride Modell aus persönlichen und digitalen Angeboten wird aber bestimmt bleiben", sagte er.

Gewisse Veränderungen hätten schließlich schon immer zur Institution dazugehört. Er erinnerte beispielhaft an die umfangreichen Angebote zum Deutschlernen, die die VHS im Zuge der großen Einwanderungswelle in den Jahren 2015 und 2016 auf die Beine stellte. Im Zirndorfer Ankerzentrum werden auch weiterhin Kurse für Migranten angeboten, fügte Balletta hinzu.

Aus der Sicht von Benedikt Döhla hat die VHS in den besagten Jahren eine extrem wichtige soziale Aufgabe erfüllt und einen großen Beitrag zur Integration geleistet. "Das hat vielen Menschen die Chance eröffnet, hier später einmal einen Job zu bekommen", so Döhla. Darüber hinaus nehme die Fürther Volkshochschule eine entscheidende Rolle ein, wenn es darum geht, der breiten Bevölkerung das nötige Handwerkszeug für die Teilnahme an Kunst und Kultur zu vermitteln. Bei Ausstellungen oder Vorträgen etwa könne die Grundbildung aus den VHS-Kursen den Einstieg deutlich erleichtern und die Freude steigern.

Für die Zukunft wünscht sich Döhla, dass die VHS von noch mehr Menschen als alltägliches Bildungsinstrument wahrgenommen wird. Vor allem ab dem Ende des Berufslebens könne das helfen, das Gehirn im Alter fit zu halten.

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