Jüdische Fürtherin löst Schwammberger-Straße ab

20.2.2018, 17:45 Uhr
Jüdische Fürtherin löst Schwammberger-Straße ab

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Dass so viele Menschen gekommen waren, überraschte selbst den Oberbürgermeister. Jüdische Mitbürger drängten sich neben Stadträten sowie Freunden und Weggefährten von Bella Rosenkranz. Das Schülerensemble des Helene-Lange-Gymnasiums spielte Klezmer-Musik, und der Süßkramladen in der kleinen Gasse bot ein Büfett mit leckerem Gebäck an.

Das neue Straßenschild enthüllte Rathauschef Thomas Jung gemeinsam mit Yukhym Mashevskyy von der Israelitischen Kultusgemeinde und Grünen-Stadtrat Kamran Salimi. Dass die Gasse umbenannt wird, hat sehr viel mit Salimi zu tun.

Dessen Recherchen brachten ans Licht, dass Adolf Schwammberger während des Zweiten Weltkriegs als hoher Beamter in der besetzten polnischen Stadt Torún tief in das NS-System verstrickt gewesen war und obendrein als Redner massiv gegen Juden gehetzt hatte. Schwammberger hielt sich von 1939 bis 1944 in Torún (deutsch: Thorn) auf, wo er als Kulturdezernent und rechte Hand des Oberbürgermeisters half, eine deutsche Verwaltung aufzubauen.

Der heutige Stadtarchivar Martin Schramm prüfte Salimis Ergebnisse im vergangenen Herbst und empfahl eine Umbenennung der Straße. Nachdem das Frauenforum Fürth Bella Rosenkranz ins Spiel gebracht hatte, wurde über den neuen Namen nicht mehr lange diskutiert. Dass eine Fürther Jüdin, die unter dem Nationalsozialismus zu leiden hatte, einen Fürther ablöst, der das Regime gestützt und in seinen Reden die Ideologie zum millionenfachen Massenmord verbreitet hatte, schien vielen folgerichtig.

Rosenkranz war im April 2017 im Alter von 95 Jahren gestorben. Obwohl sie 1938 von der Gestapo aus ihrer Heimatstadt Fürth an die polnische Grenze deportiert worden war – später verbrachte sie fünf Jahre in einem russischen Arbeitslager – hatte sie sich nach ihrer Rückkehr in den 60er Jahren stets für den Dialog zwischen Christen und Juden eingesetzt. Thomas Jung beschrieb sie am Dienstag als "eine starke Persönlichkeit, voller Witz und scharfem Intellekt". Streitbar sei sie gewesen und "konsequent in ihrer Urteilskraft, dabei herzlich und aufrichtig".

Kamran Salimi hatte 2016 und 2017 jeweils eine Woche im Archiv im polnischen Torún verbracht. Dass man dort Akten abfotografieren darf, erleichterte ihm die Arbeit. 4200 Seiten hielt er bildlich fest, um sie zuhause auszuwerten. Er freue sich darüber, dass die Stadt Fürth "ihren Fehler aus den 80er Jahren", als die Straße nach Schwammberger benannt wurde, "so schonungslos korrigiert hat". Der frühere Stadtarchivar sei eben keinesfalls nur ein Mitläufer gewesen, betont Salimi, sondern "ein Täter" – und das aus Überzeugung.

Schwammberger hatte sich in der Nachkriegszeit wegen seiner Heimatforschungen große Verdienste um Fürth erworben. Er bekam die Goldene Bürgermedaille der Stadt und das Bundesverdienstkreuz, er galt als liebenswürdig, charmant und geistreich. Dennoch sagt auch der heutige Archivar Martin Schramm: "Das kann und darf nicht aufwiegen, was er in der NS-Zeit gesagt und getan hat." Es sei nicht zu rechtfertigen, dass eine Straße in Fürth den Namen dieses Mannes trägt.

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