Mehrgenerationenhaus

Jung hilft Alt: Fürther Senioren sollen mehr Rückhalt im Alltag bekommen

28.11.2021, 10:00 Uhr
Jung hilft Alt: Fürther Senioren sollen mehr Rückhalt im Alltag bekommen

© Foto: Roland Weihrauch/picture alliance/dpa

Mit Krisen, Notsituationen, aber auch den kleineren Widrigkeiten des Lebens kennt man sich aus im Mehrgenerationhaus (MGH) Mütterzentrum. Für viele davon gibt es dort schon Lösungen. Etwa verschiedene Formate der Kinderbetreuung wenn jemand in der Familie ausfällt oder man Randzeiten jenseits der Kita-Öffnung abdecken muss. Ein Bügelservice minimiert Wäscheberge und das Projekt "Nimm und Gib" organisiert den Austausch von Dienstleistungen oder Dingen untereinander. Das Motto: Ich schraub dir ein Regal an die Wand, dafür bäckst du mir mal einen Kuchen für meine Feier.


Im Tauschring kommen alle ohne Bargeld aus


Seit 2008 funktioniert dieser Ringtausch schon,der auch den jährlichen "Warenverschenktag" organisiert, doch nun stieß er immer öfter an seine Grenzen. Dann nämlich, wenn die Teilnehmer daran aus Altersgründen nicht mehr teilnehmen können. Das merke man deutlich bei den Telefonaten, die man häufig mit Senioren führe, sagt Mehrgenerationenhaus-Leiterin Kerstin Wenzl. "Sie bräuchten im Alltag Hilfe, können aber selbst nicht mehr viel zurückgeben." Das Konzept funktioniert dann nicht mehr – und die Hilfsbedürftigen erfahren keine Unterstützung mehr. Diese Lücke wird nun geschlossen.

"FürtherInnen helfen SeniorInnen" heißt das jüngste Kind, das nun im MGH aus der Taufe gehoben wurde. Die Idee dahinter: Ein Pool von Menschen, die gerne kleine Aufgaben für ältere Menschen übernehmen, die dazu nicht mehr in der Lage sind. Die Art der Hilfe kann dabei ganz unterschiedlich sein. Kleine hauswirtschaftliche oder handwerkliche Tätigkeiten gehören etwa dazu, leichte Gartenarbeiten wie zum Beispiel Rasenmähen, Unterstützung im Umgang mit digitalen Medien, bei Ämtergängen oder Reisevorbereitungen sowie Aktionen wie ein Besuch im Theater oder gemeinsames Kochen.

Gewinnen sollen dabei beide Seiten: Jung und Alt begegnen sich, eine aktive Nachbarschaft wird gefördert, ältere Menschen können unter Umständen länger in ihrem Zuhause leben und ihre Teilhabe am gesellschaftlichen und sozialen Leben bleibt erhalten.

Unterstützung leisten könne jeder, sagt Wenzl, die dabei vorrangig an Schüler oder Studenten denkt. Die Alltagsbegleiter, die es für ähnliche Tätigkeiten bereits am MGH gibt, die aber eine spezielle Schulung der Alzheimer-Gesellschaft durchlaufen haben, sollten hingegen eher bei komplexeren Fällen zum Einsatz kommen.

Finanziell unter die Arme greift dem MGH das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales mit dem Projekt "SeLa", das für "Selbstbestimmt Leben im Alter" steht. 10 000 Euro Fördermittel stellt das Ministerium für die Schaffung einer Koordinationsstelle im ersten Jahr zur Verfügung. Auch sie ist schon besetzt. Seit 1. November hat sie Renan Enez inne, Mutter einer kleinen Tochter, die dem MGH schon lange verbunden ist, und sich nach der Elternzeit nach einem Wiedereinstieg in den Beruf sehnte. An einem Vor- und einem Nachmittag übernimmt sie nun die Vermittlung der Angebote. "Ein Glücksfall" sei der Neuzugang im Team, sagt Wenzl – nicht zuletzt, weil Enez auch fließend Türkisch und Englisch spricht.

Bei ihr können sich Interessenten beider Seiten melden. Wer helfen möchte, muss dafür ein Führungszeugnis vorlegen. Vom MGH gibt es eine Aufwandsentschädigung, für den Einsatz eine Vergütung von fünf Euro pro Stunde von den Senioren. Auch sie sind aufgerufen, ihren Wunsch nach Hilfe mitzuteilen. Sie müssen dafür mindestens 60 Jahre alt sein. Enez wird dann beide Parteien zusammenbringen und herausfinden, wer zu wem gut passt.

Weitere Informationen und Anmeldungen für das Projekt sind möglich per Mail an selamuetterzentrum@web.de oder telefonisch unter (09 11) 77 27 99.

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