Heikle Fan-Leidenschaft

Juristischer Streit um Club-Aufkleber

20.6.2021, 21:00 Uhr
Juristischer Streit um Club-Aufkleber

© Foto: Markt Cadolzburg

Aufkleber von Fußballvereinen und deren Fanclubs auf den Stangen von Verkehrsschildern oder Stromkästen: Während die einen solche Papperl kaum noch wahrnehmen, empfinden die anderen sie als Verschandelung des Ortsbilds oder ganz nüchtern als Sachbeschädigung. Ein Vorfall aus dem vergangenen Jahr beschäftigte die Justiz noch bis vor kurzem.

Ein Fan des 1. FC Nürnberg war bei einer solchen Klebeaktion im Februar 2020 in Cadolzburg von einem Beamten beobachtet worden. Es kam zur Anzeige. An drei Stangen von Straßennamensschildern soll er Aufkleber angebracht haben. Wenige Wochen später wurden die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Mann aber eingestellt. Denn: Ein Mitarbeiter des Marktes Cadolzburg hatte der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass die Aufkleber ohne bleibende Schäden entfernt werden konnten. Damit waren die Voraussetzungen für eine Sachbeschädigung nicht mehr gegeben.


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Für die Gemeinde war das eine wenig zufriedenstellende Entwicklung. Der Grund: In der jüngeren Vergangenheit sei vermehrt festzustellen gewesen, dass insbesondere von Sympathisanten oder Fangruppen größerer Fußballclubs der Region öffentliches Eigentum verunstaltet werde, heißt es dazu aus dem Rathaus. Dies geschehe durch Aufkleber, Farbe oder Sprühlack. Die aufgebrachten Zeichen seien dabei nicht selten eindeutig diesen Gruppierungen zuzuordnen.

Deshalb leitete die Gemeindeverwaltung auch zivilrechtliche Schritte gegen den FCN-Fan ein. "Wir waren der Auffassung, dass die mehr als klaren Beweise der Einwirkungen auf öffentliches Eigentum nicht einfach als Lappalie stehen gelassen werden können, und damit womöglich auch noch zur Nachahmung innerhalb der bekannten Szene dient", erklärte Cadolzburgs Bürgermeister Bernd Obst auf FN-Nachfrage.

Aufwendige Reinigung

Hintergrund war dabei auch, dass der Kampf mit den Aufklebern doch noch einigen Aufwand nach sich gezogen hatte. Denn der Verwaltungsmitarbeiter hatte der Staatsanwaltschaft zwar mitgeteilt, sie seien ohne bleibende Schäden entfernt worden, allerdings waren die Reinigungsarbeiten zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht abgeschlossen gewesen.

Im Juli 2020 mussten deshalb Mitarbeiter des Marktes einige Arbeitsstunden für die Säuberung aufwenden. Laut Obst wären dabei, aus Gründen der Arbeitseffizienz, sämtliche mit Aufklebern verunreinigte Schilder und Stangen in mehreren Straßenzügen gesäubert worden.

Rund 2200 Euro Schadenersatz habe die Gemeinde deshalb von dem Club-Fan gefordert. Zudem habe die Staatsanwaltschaft aufgrund der neuen Informationen die Ermittlungen gegen den Mann wieder aufgenommen und ihm im Dezember 2020 einen Strafbefehl über insgesamt 800 Euro zugestellt. Das berichtet die Rot-Schwarze-Hilfe Nürnberg (RSH) auf ihrer Internetseite. Der Verein wurde im Jahr 2007 gegründet, um Anhängern des 1. FC Nürnberg juristisch unter die Arme zu greifen, wenn diese in ihrer Funktion als Club-Fans in Konflikt mit Polizei und Justiz geraten.

In diesem Fall übernahm die RSH die anwaltliche Unterstützung für ihr Mitglied in der Auseinandersetzung mit dem Markt Cadolzburg. Dabei kritisierte der RSH-Anwalt nach Akteneinsicht, dass die Gemeinde Schadenersatz für deutlich mehr als nur die drei Stangen von dem Mann verlangte, bei deren Bekleben er beobachtet worden war.

Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde das Verfahren gegen den Club-Fan im Februar 2021 eingestellt. Vor Gericht einigten sich die Parteien letztendlich auf eine deutlich geringere Zahlung an den Markt Cadolzburg in Höhe von 335 Euro.

Die RSH interpretiert dieses Ergebnis als Erfolg. Schließlich habe man dem "behördlichen Irrsinn" Einhalt geboten. Obst hingegen sieht darin eine Verdrehung der Tatsachen: "Damit wird ein eindeutig asoziales Verhalten von Einzelpersonen unter den Tisch gekehrt, und der Aufwand und die Kostenlast der öffentlichen Hand einerseits sowie der sparsame Umgang mit öffentlichen Finanzmitteln andererseits als ‚uneinsichtige Behörde‘ und schlechter Stil verkauft."

Tatsächlich habe sich die Gemeinde mit deutlich weniger Schadenersatz zufriedengeben müssen, weil man dem Beschuldigten nur in wenigen Fällen eine konkrete Täterschaft habe nachweisen können. Bei den meisten der insgesamt entfernten Aufkleber, so Obst, habe es sich aber um die gleichen gehandelt, die auch der Mann angebracht hatte.

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