Kampf gegen das Vergessen: Frank Harris ist gestorben

25.2.2017, 21:00 Uhr
Kampf gegen das Vergessen: Frank Harris ist gestorben

© Müller

Frank Harris kam 1922 mit dem Namen Franz Heß in Fürth zur Welt. Wie alle Juden in der Kleeblattstadt wurde die Familie Heß in der Pogromnacht 1938 von SA-Leuten aus ihrer Wohnung getrieben. Auf der heutigen Fürther Freiheit musste sie bei eisigen Temperaturen im Freien ausharren, beschimpft und gedemütigt. Der Vater von Franz, Jacob Heß, im Ersten Weltkrieg für seinen Dienst fürs Vaterland ausgezeichnet, wurde inhaftiert und später ins Konzentrationslager Dachau gebracht.

Um ihren Ehemann auszulösen, ging Martha Heß auf das geradezu perfide Angebot ein, den Spielzeugladen der Familie und das Auto für beschämende 20 Reichsmark zu verkaufen. Jacob Heß verließ das Lager im Dezember als gebrochener Mann. Erst mit der Reichspogromnacht hatte die Familie erkannt, dass für sie kein Platz mehr war in Deutschland. Über England wanderte sie nach New York aus.

Ende der 70er Jahre gründete Harris die "Nürnberg-Fürth Survivors Group", ein weltweites Netzwerk von mittelfränkischen Juden, die den Holocaust überlebt haben. Jährlich verschickte er einen Newsletter, in regelmäßigen Abständen lud er in der Nähe von New York zur sogenannten Reunion, zu einem Treffen, ein.

Die Fürtherin Gisela Blume, die an diesen Zusammenkünften teilgenommen hat, beschrieb Harris vor einigen Jahren als "unsagbar warmherzigen Menschen", der sich unermüdlich für die Überlebenden aus dem Großraum Nürnberg einsetzt – sogar mit einer Stiftung". Sie hoffe, so Blume, "dass die jüngeren Generationen sein Erbe fortführen werden, so wie er sich das wünscht".

Obwohl sich Harris geschworen hatte, Deutschland nicht mehr zu betreten, kehrte er 1997 doch zurück ins Land seiner Geburt: als in der Aussegnungshalle des neuen jüdischen Friedhofs die Gedenktafel mit den Namen jener Fürther enthüllt wurde, die durch den Nazi-Terror ums Leben gekommen waren.

Brücken statt Mauern

2013 reiste er erneut nach Fürth, wo er aus den Händen von Oberbürgermeister Thomas Jung das Goldene Kleeblatt erhielt. Mit der Anstecknadel, der dritthöchsten Auszeichnung der Stadt, ehrt die Kommune Menschen für ihr Engagement oder für ihr Lebenswerk. "Mögen die Lehren aus unserer schwierigen Vergangenheit uns helfen, dass wir gemeinsam in der Gegenwart leben", sagte Harris im Rathaus. "Und mögen sie uns erlauben, dass wir gemeinsam von der Zukunft träumen."

Sein Leben hat der kleine Nürnberger Testimon-Verlag bereits vor einigen Jahren in einer Biografie zusammengefasst – zwölf Seiten in englischer Sprache. Zu finden ist sie auf der Website http://rijo-research.de. "Meine wichtigste Lehre ist, dass wir es niemals zulassen dürfen, dass unsere Nachbarn in den Tod getrieben werden, und wenn es nur durch unser Schweigen ist", wird Frank Harris in seiner Biografie zitiert. Die Menschen, schrieb er, müssten Brücken bauen, keine Mauern.

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