Kampf mit sperriger Materie

5.11.2013, 10:00 Uhr
Kampf mit sperriger Materie

© Mark Johnston

In dieser Situation befindet sich Gilles in dem Zwei-Personen-Stück des Dramatikers Éric-Emmanuel-Schmitt, das den programmatischen Titel „Kleine Eheverbrechen“ trägt. In der Inszenierung der Tragikomödie durch die Bühne „Erholung“ 27 Fürth bringt Ehefrau Lisa (Susanne Lauterbach) den nach seinem mysteriösen Unfall unter Gedächtnisverlust leidenden Gilles zurück in ihre gemeinsame Wohnung, auf der Bühne des vollbesetzten Theatersaals im „Grünen Baum“ ein grob gezeichneter Raum mit Tür ins Freie (oder in die geheimnisvolle Ehevergangenheit) und ein paar wenigen Hockern. „Kann Liebe alles verzeihen“, so fasst Regisseur Klaus Lumpp die Kernfrage des Stücks für sich zusammen, und dass es einiges zu verzeihen gibt, wird sehr schnell deutlich, wenn Lisa versucht, Gilles (Klaus Hoffmann) mit sich selbst wieder bekannt zu machen.

Lange unklar

Nur wer in dieser Beziehung schuldig geworden ist, bleibt lange unklar, erschließt sich nach und nach aus dem Geflecht von Lügen und konstruierten Wahrheiten. Lauterbach und Hoffmann schlagen sich wacker durch die vielen überraschenden Wendungen des Stücks, doch so wie die Eheleute geraten auch die beiden Darsteller immer wieder in gefährliches Fahrwasser.
Schmitts Dialoge helfen da nicht unbedingt. Es gibt witzige, ja aberwitzige Passagen, die für sich selbst stehen können. „Wenn sich bei einem Ehepaar erst einmal Gewalt eingespielt hat, ist es dann nicht egal, wer sie ausübt?“, fragt Lisa ihren Mann, als klar wird, was von Anfang an im Raum stand: dass Gilles’ Unfall eben keiner war.
Doch immer wieder finden sich dozierende Reden, fast predigtartige Aussagen über das Leben und die Liebe, die Verzweiflung derer, die eigentlich keinen Grund zur Verzweiflung haben und genau daran leiden. Man kann sich vage eine Inszenierung von „Kleine Eheverbrechen“ vorstellen, in der diese Klippen umschifft werden — das Stück als rasende Farce, oder tief existentialistisch, oder eine brillante Mischung aus beidem.
In Fürth war eine solche Gratwanderung nicht möglich, schlingerte die Darstellung meist zwischen gewöhnlicher Paarkomödie mit guten Momenten und dem Kampf gegen allzu hochtrabende Dialoge, zu sperrig, um natürlich zu wirken, zu gewichtig, um locker zu fließen.
 

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