Kiebitz in Not: Lebensraum in Fürth schwindet

9.6.2019, 10:00 Uhr
Kiebitz in Not: Lebensraum in Fürth schwindet

© Jürgen Kunstmann

Sieben Jahre liegt sie schon wieder zurück, die Fürther Kiebitz-Episode, die auch ein Beispiel dafür ist, dass der Mensch dem Vogel mit der auffälligen Haube zunehmend den Lebensraum streitig macht. Schauplatz war damals, 2012, eine Brachfläche in der Südstadt, an der Johann-Zumpe-Straße am Main-Donau-Kanal. Ein Paradies für Kiebitze, Flussregenpfeifer und Feldlerchen.

Just dort allerdings sollte das neue Stadion der Spielvereinigung Greuther Fürth entstehen. So weit kam es bekanntlich nicht, das Kleeblatt blieb am Ende doch im Ronhof – eine Weile aber hielt das Schicksal der Kiebitze Fürth in Atem. Solange die Tiere brüteten und Junge aufzogen, durfte der Bau nicht beginnen.

Inzwischen haben sich Firmen auf der Gewerbefläche angesiedelt; für den geschützten Kiebitz wurde am Bucher Landgraben bei Stadeln eine neue Heimat, eine sogenannte "Ausgleichsfläche", geschaffen.

Kiebitz in Not: Lebensraum in Fürth schwindet

© Johannes Alles

Das Südstadt-Grundstück ist nicht das einzige Gebiet, das der Vogel in jüngster Zeit in Fürth verlor. Rot-weiße Flatterbänder vertrieben ihn vor einem Jahr von einem Grundstück nahe der Hotel-Pyramide; dort sollte eine Lärmschutzwand gebaut werden. Und auch auf dem Reichsbodenfeld bei Unterfürberg waren schon Flatterbänder zu sehen. 250 bis 300 Wohneinheiten sind hier geplant.

In den vergangenen Jahren ist es dem Kiebitz in Fürth nicht gut ergangen, sagt Helmut Willert aus Oberasbach, der ein besonderes Interesse für die Vögel hegt. Immer seltener seien sie zu sehen. Auf dem Reichsbodenfeld etwa, wo der Baubeginn auf sich warten lässt, habe er heuer zwei Paare und vier Junge entdeckt. Für die Küken, die das auf dem Boden gebaute Nest stets rasch verlassen und in den ersten Wochen herumlaufen, ohne fliegen zu können, sei die Breslauer Straße enorm gefährlich.

Rückgang um 80 Prozent

Vergeblich habe er die Stadt gebeten, dort eine Art Krötenzaun aufzustellen, um die Jungen zu schützen. Mehrfach habe er selbst sie von der Straße zurück aufs Feld gedrängt. Drei hätten dennoch nicht überlebt. Beunruhigt hat er zudem beobachtet, dass in Bislohe weniger Kiebitze brüten als im vergangenen Jahr, obwohl die Tiere als sehr standorttreu gelten.

Die Sorge um die Bodenbrüter teilt der Landesbund für Vogelschutz (LBV). Seit 1990 sei der Bestand bundesweit um 80 Prozent zurückgegangen, sagt Rainer Poltz, Vorsitzender der Fürther LBV-Kreisgruppe. Längst steht der Kiebitz in der Kategorie "stark gefährdet" auf der Roten Liste. "Auch im Raum Fürth beobachten wir, dass es weniger wird."

Zwei Hauptursachen gibt es dafür: den Flächenverbrauch und das Insektensterben. Weil viel gebaut wird und Landwirte Ackerflächen seltener stilllegen, ist es für den Kiebitz immer schwieriger, geeignete Brutgebiete zu finden. Sein Nest baut er bevorzugt auf Feuchtwiesen und in Ackerfurchen.

Das Nahrungsangebot ist wegen der Intensivierung der Landwirtschaft knapper geworden, es fehlen Insekten. Ein großer Lichtblick sei daher das Volksbegehren für Artenvielfalt, sagt Poltz: "Das lässt hoffen, dass sich die Bedingungen für den Kiebitz wieder verbessern."

Während auf vielen Äckern Traktoren zur Gefahr für die Nester werden, biete das Knoblauchsland mit dem Gemüseanbau einen guten Lebensraum. Der Bestand sei hier stabil, so Poltz. Auf die große Ausgleichsfläche am Bucher Landgraben jedoch scheine es leider kaum Kiebitze zu ziehen; vielleicht sei es dort zu trocken.

Das Grünflächenamt kümmere sich regelmäßig darum, dort eine feuchte Fläche zu schaffen, sagt indes Jürgen Tölk, stellvertretender Leiter des Fürther Umweltamts. Gebrütet hätten hier zwar noch keine Kiebitze – Nahrung gesucht haben sie hier aber schon. Einen Krötenzaun am Reichsbodenfeld hielt das Umweltamt für keine gute Lösung, die Küken könnten darüber hüpfen und vielleicht nicht mehr aufs Feld zurückkehren.

Um dem Kiebitz zu helfen, können Bürger einiges tun, sagt Poltz. Sie können dem LBV Nester melden, der Verband bittet dann die Landwirte darum, sie bei ihrer Arbeit zu umfahren. Und mit seinem Konsumverhalten könne jeder zur Verbesserung der Landwirtschaft beitragen.

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